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Nach einer kurzen Selbstpräsentation aller Teilnehmer gab Stella Williams als Moderatorin das Wort an Tobias Troll, den Projektleiter des neuen DEEEP Projektes. Er wiederholte einige der historischen Perspektiven von Paul Jacobs und betonte, wie einige kritiklos verwendeten Begriffe wie Armut, in der Regel aus einer nördlichen Perspektive verwendet, zeitweilig perverse Auswirkungen auf die Entwicklung von Entwicklungsstudien und Praxis hatten. Diese Perspektive schenkte der Kultur, der Sozialstruktur oder anderen Ressourcen der Gesellschaften wenig Aufmerksamkeit. Man reduzierte alles auf die finanziellen Mittel.


Tobias Troll hinterfragte diese traditionellen Entwicklungsansätze, die auf der Idee eines „mächtigen Gebers und dankbaren Empfängers" gründen. Ebenso bleiben die ersten sechs Millennium Entwicklungsziele (MDG) eine technokratische Antwort auf eine globale Krise. Sie akzeptieren ausserdem, dass nicht alle Menschen, sondern nur ein gewisser Prozentsatz dieser oder jener Untergruppe das Recht auf Grundversorgung wie Bildung, Gesundheitsversorgung, sauberes Wasser und grundlegende Abwasserentsorgung haben. Diese ansonsten lobenswerten Ziele luden allerdings zu der Frage ein, wer über die Verteilung des Rechtes an Grundversorgung entscheiden würde. Außerdem sind diese Ziele ohne die Verwirklichung von MDG 7 „Nachhaltigkeit" und MDG 8 „globale Partnerschaft" unerreichbar.

Tobias Troll verwies auf die Arbeit von CONCORD, der Dachorganisation von rund 1800 Nicht-Regierungs-Organisationen in nationalen Plattformen und Netzwerken in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im CONCORD DARE Forum, richtet die Arbeitsgruppe für Entwicklung und Bewustseinsbildung des NGO-Bundes ihre Tätigkeit auf die Notwendigkeit einer globalen Zivilgesellschaft aus. Die Arbeitsgruppe besteht aus Bürgern, die sich für Entwicklungsziele engagieren, um so die Legitimität zu erreichen, die für einen breiten Konsens nötig ist und erlaubt, auf die Veränderungen lenkend Einfluss zu nehmen. Öffentliches Engagement wird hier als wesentlich angesehen für die Öffnung eines Freiraums, in dem Dialog, wechselseitiges Lernen, Teilnahme aller und gezielte Interaktion der Bürger möglich sind.


Die Anreicherung von derzeit akzeptierten Paradigmen, besteht aus den folgenden Ideen, um die internationale Zusammenarbeit in der Zukunft zu stützen:

  • Bürgerverantwortung für den Wandel ist ein zentrales Prinzip eines auf den Menschenrechten basierenden Ansatzes für Entwicklung.

  • Kohärente Entwicklungspolitik kann nur wirksam sein, wenn sie von der öffentlichen Mobilisierung unterstützt wird.

  • Die Öffentlichkeit muss Entwicklungshilfe kritisch bewerten und begleiten und damit zum Prinzip der Entwicklungshilfewirksamkeit beitragen.

CONCORD fördert diese Grundsätze und arbeitet seit einiger Zeit auf dem Gebiete der globalen Bildung. Das neue DEEEP Projekt, was erst mit voller Kraft vor ein paar Tagen begann, wird dieser Debatte und der Arbeit der BürgerInnen neue Impulse bezüglich der "Befähigung zur globale Gerechtigkeit“ geben. Das Projekt wird auf die bisherigen Arbeiten zur Aufklärung, Sensibilisierung und die Bemühungen zur Beseitigung der Armut aufbauen. Es erfordert viel kritische Reflexion, neues Denken und Praxis, den Raum für globale Bildung und Weltbürgerschaft zu öffnen.


Maria del Carmen Patricia Morales von der Universität Leuven sprach zum Titel "Reflektionen über Nachhaltigkeit aus der Perspektive einer Ethik der Solidarität und Vielfalt". Ihr Ausgangspunkt war der Paradigmenwechsel, den die Brundtland-Kommission und der Club of Rome bewirkt haben. Diese wegweisenden internationalen Kollaborationen haben die dominanten egozentrischen Konzepte in eine ökologische Richtung verschoben, wo Menschen nicht mehr der Mittelpunkt des Universums, sondern ein Teil des lebenserhaltenden Systems Erde sind.

Die Ethik in diese ökologische Perspektiven zu integrieren, führt zu einer anderen Ansicht der Kategorien „wir" und „die anderen". Der Ausbau dieses Blickwinkels sollte zukünftig zur Überwindung der derzeitigen Grenzen des menschlichen Daseins und zu mehr verantwortlichem Handeln führen. Die Rechte des anderen anzuerkennen, ist nicht nur ein Weg, um „die anderen" zu entdecken, sondern auch uns selbst zu erkennen. „Die anderen", das ist nicht nur die ganze Menschheit, sondern auch die Natur.

Wir haben Fortschritte dabei gemacht, die Ethik stärker zu beachten. Den Krieg als etwas Schlechtes wahrzunehmen, ist ein neuer Gedanke. Das war nicht immer so in der Geschichte. Sklaverei ist nun fast überall verboten. Man könnte andere zivilisatorische Fortschritte anführen. Allerdings ist ein Großteil unserer Praxis nicht im Einklang mit diesem konzeptuellen Fortschritt und bleibt hinter den anerkannten Grundsätzen zurück. Welche Katalisatoren brauchen wir, um beschleunigte Übergänge zu einer angewandten Ethik und Nachhaltigkeit tatsächlich einzuführen?

Wir können verhalten optimistisch sein, das grosse Problem jedoch ist, dass allgemeines Wohlergehen nicht universell existiert.

Kari Kivinen aus Finnland ist der Generalsekretär der Europäischen Schulen und ein engagierter Lehrer, der nicht nur den akademischen Leistungen der Schüler viel Aufmerksamkeit schenkt, sondern auch ihren sozialen Fähigkeiten und ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement. In seiner Funktion ist ihm daran gelegen sicherzustellen, dass nützliche pädagogische Initiativen alle Schüler erreichen, nicht nur eine kleine Gruppe. Rückblickend auf die letzten Jahrzehnte im Bildungssystem, stellte Kari Kivinen fest, dass Bildung sich in den 1980er Jahren auf Fakten konzentrierte, in den 1990er Jahren vor allem normativ orientiert war und erst im neuen Jahrhundert pluralistischer wurde.

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) hat sich aus der Umwelt-Lehre entwickelt. BNE soll jedem Mensch das Wissen, die Fähigkeiten, Einstellungen und notwendigen Werte vermitteln, eine nachhaltige Zukunft mit zu gestalten. Das Ziel ist es heute, die Bereitschaft und Fähigkeit der Schüler zu erhöhen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, kompetent zu handeln und ihren Unternehmergeist zu förden. BNE erfordert partizipative Lehr-und Lernmethoden, die die Lernenden motivieren und befähigen, ihr Verhalten zu ändern und Maßnahmen zu Gunsten der nachhaltigen Entwicklung zu ergreifen. Geförderte Kernkompetenzen sind: kritisches Denken, Vorstellen von Zukunftsszenarien und kollaborative Entscheidungsfindung.

Es gibt eine gute Reihe von internationalen und europäischen Politik Dokumenten für BNE. Jüngste Beispiele sind die Bonner Erklärung der UNESCO, vom März 2009, die 2009 überprüfte EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung und auch in jüngenster Zeit die Rio+20 Konferenz der Vereinten Nationen im Juni 2012. Ungeachtet dessen, wie gut die Erklärungen und Strategien sind, bleibt es eine Herausforderung, ihre Prinzipien und Orientierungen in den Lehrplan und die täglichen Anstrengungen in den Europäischen Schulen zu übersetzen.

Wir sind nicht nur darum bemüht, was die Schülerinnen und Schüler über die Prinzipien nachhaltiger Lebensweisen lernen, sondern dass sie anwenden, was sie gelernt haben: Arbeiten für das öffentliche Wohl mit kritischem Denken, das sie in der Schule lernen sollten.

Als mit jungen Menschen arbeitende Lehrer fragen wir uns ständig, wie man das erreichen kann. Wir müssen den Jugendlichen das Werkzeug mitgeben, die Welt in der wir leben zu verstehen und sich um sie zu kümmern, und sie in Zukunft mit zu gestalten.

Erst im Februar 2013 wurde der Beschluss gefasst, eine Arbeitsgruppe aus Lehrern, Schülern und Schulinspektoren zusammen zu setzen, wie man diese Art von Nachhaltigkeit in Praxis der Schule integrieren kann. Es wurde bereits damit begonnen, den Lehrplan und die guten Prinzipien aus früherem Unterricht zu analysieren. Aber die Mitglieder fragen sich, ob dies ausreiche.

Die Lehrer der Europäischen Schulen wollen in erster Linie die Natur respektieren und die „anderen" schützen. Kinder lieben die Natur und die Schule sollte diese positive Einstellung unterschützen und konsolidieren.

Was scheint zu funktionieren? Was wichtig ist, dass jeder teilnehmen kann, nicht nur einige Privilegierte:

  • z.B. Recycling funktioniert für alle Altersgruppen, aber nur, wenn alle Erwachsenen auch mittun!

  • Themenwochen scheinen gut zu funktionieren;

  • Leuchtturm-Projekte wie etwa die Patenschaft eines Mundus maris Projekts zwischen einer Kunst-Klasse der Europäischen Schule in Uccle, Belgien, und der Realschule (CEM) in Kayar, Senegal, sind wertvoll, aber sollten einen größeren Maßstab bekommen. Dies geschah ansatzweise z.B. durch die Ausstellung der Arbeiten beider beteiligten Schülergruppen, um den daraus resultierenden Nutzen an Erfahrungen teilen und das Erlebte weiter verbreiten zu können;

  • Ein Reis-Tag zur Förderung sozialer Projekte

  • Debatten helfen, kritisches Denken und die Entwicklung solider Argumente zu schärfen;

  • Aktivitäten von Kindern für Kinder;

  • Alle Arten von Aktivitäten die dazu beitragen, mehr Grün in Schule und Alltag zu bringen ... z.B. Sonnenkollektoren auf den Dächern, sparsam mit Materialien umgehen usw. Aber darüber hinaus ist es wichtig, die Aktivitäten für die Ausübung der Solidarität konkret zu fördern.

Die Moderatorin stellte Aliou Sall vor, einen senegalesischen Sozio-Anthropologen mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Fischerei des Landes und in Westafrika. Er koordinierte die Tests für die Einführung von Unterrichtshilfen eines ökosystem-orientierten Ansatzes an 10 Schulen in Senegal und Gambia. Die Entwicklung und Erprobung der Lehreinheiten wurde im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem FAO EAF-Nansen Projekt durchgeführt und von Mundus maris weiter verfolgt.

Diese Pilotaktivitäten wurden in Zusammenarbeit mit Schulen in Fischerdörfern durchgeführt, die sehr mit ihrer lokalen Umgebung verbunden sind. Sie begannen mit einer Bedarfsanalyse der Schulen in Bezug auf die schon gebrauchten und vorhandenen Kommunikationsmittel, und anderen, die als wünschenswert betrachtet wurden. Als Ergebnis wurde die Entwicklung von Lehrmitteln begonnen, die wissenschaftliche Erkenntnisse im Lehr-Format zur Verfügung stellte, an Elemente der traditionellen Kultur anknüpfte, z.B. Theater, sowie Übungen im Klassenraum und auf Exkursionen beinhaltete. Der Inhalt basierte auf fünf miteinander verbundenen Prinzipien. Diese sind:

  • die Aufrechterhaltung der Integrität der Ökosysteme (kein Fisch ist eine Insel);

  • Förderung eines Vorsorgeansatzes im Fischereimanagement und in der sonstigen Nutzung von Meeres- und Küsten-Ökosystemen, und dies unter Beachtung der Regeln;

  • Gewährleistung einer breiten Beteiligung der Betroffenen;

  • Förderung der Sektorintegration und Sicherung der Lebensgrundlagen;

  • Investitionen in Forschung und Wissen.

Drama und Rollenspiele erwiesen sich als die wohl wichtigsten Methoden, um Konflikte zwischen verschiedenen Praktiken aufzulösen. Durch das Rollenspiel während der Übungen wechselten die Schüler die Perspektive und konnten sich neue Inhalte aneignen.

Mundus maris erkundet auch andere Möglichkeiten, um Brücken in einer Weise zwischen noch lebendigen Traditionen und modernem Wissen zu schlagen, die für die jungen Menschen den Zugang zu den besten der beiden ermöglicht. Eine der Herausforderungen besteht darin das ethnologische Wissen wieder aufzuwerten. Eine Möglichkeit, die Weitergabe solcher Werte zu ermöglichen, besteht darin, alte Fischer einzuladen, um ihre Erkenntnisse und Orientierungen durch die modernen Medien, wie z.B. das Video, zugänglich zu machen. Es gibt gute Gründe, solche neuen Wege zu versuchen, denn eine ganze Reihe von ehemals emblematischen Fischarten sind als Folge der Überfischung verschwunden.

Die bisherigen Ergebnisse sind sehr ermutigend. In Gambia laufen verschiedene Anstrengungen, den Lehrplan zu aktualisieren und die Reformen zu institutionalisieren. Im Senegal haben die Lehrer auch ihre zusätzliche Arbeit fortgesetzt, aber die Einbeziehung des Erziehungsministeriums und seiner Schulinspektoren steckt noch in den Kinderschuhen. Die Schulen sind sehr an einer internationalen Zusammenarbeit interessiert, als einen Weg, um ihre Lernbedingungen zu verbessern und bessere Möglichkeiten für die Kinder anzubieten. Vielleicht könnten sich Ambitionen der Europäischen Schulen und jener in West Afrika treffen.