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Von Dakar nach Kayar

Die Herausforderungen für ein nachhaltiges Leben an der Küste mit erneuerbaren Ressourcen brauchen viele neue Ideen, wie man die oft konkurrierenden Ansprüche an Raum und Ressourcen miteinander vereinbar macht.

Was die Situation in Kayar betrifft, so zeigt der grüne Kreis auf der Google-Karte die Lage der Realschule (CEM) am Rande der Stadt. Der rote Kreis markiert die jüngsten Übergriffe der Urbanisierung, die Hand in Hand gehen mit der meist illegalen Sand-Extraktion.

Diese Entwicklung zerstört schrittweise den Küstenwald, der die Dünen stabilisiert und reichlich Süßwasser produziert. Die geographische Lage Kayars erlaubt es, auf die natürlichen Reichtümer des Meeres zurückzugreifen und dank des vorhandenen Süßwassers, hochwertige Gemüse für die nahe gelegenen Märkte zu produzieren.

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Der Gemüseanbau - und damit Landbesitz und Nutzung - gewinnt an Bedeutung in Reaktion auf den Rückgang der Fischerei, obwohl diese auch weiterhin ein wichtiges Standbein der lokalen Wirtschaft bleibt. Der WWF unterstützt die laufenden lokalen Anstrengungen, um durch die Einrichtung einer Meeresschutzzone die abgewirtschafteten Ressourcen wieder zu regenerieren. Abdoulaye Diop, der nationale Präsident des Kollektivs senegalesischer handwerklicher Fischer (CNPS), der in Kayar wohnt, unterstützt voll und ganz diese Bemühungen.

In vielerlei Hinsicht hat die Stadt von den Boomjahren der Fischerei profitiert, wie man es an der wachsenden Urbanisierung ablesen kann. Die Stadt holt auf, da sie besser mit dem Rest des Landes verbunden wird. Das ist eine Herausforderung für die vorherrschende traditionelle Lebu-Kultur, und wirft neue Fragen über den Umgang mit den sich verändernden Erwartungen der Jugend auf, wie mit den veränderten Lebensbedingungen umzugehen ist.

Kayars Söhne, die die Auswanderung auf tückischen Strecken nach Europa überlebten, helfen ihren glücklichen Familien wirtschaftlich mit Geldüberweisungen und neuen Ideen; aber andere fühlen sich zurückgelassen und ausgegrenzt.

Wie kann man neue Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen, die notwendig sind, um erfolgreich die laufenden Veränderungen zu bewältigen und um fit zu werden für die Zukunft? Wie kann man angesichts der offenen Übertretungen von bestehenden Gesetzen und Verordnungen zum Wohle aller Bürger und nicht nur für wenige Auserwählte regieren?

Als Folge der sozialen Veränderungen haben sich auch die Vorstellungen über den Nutzen der Schulbildung verändert. Die vier Grundschulen können kaum die große Zahl der Kinder aufnehmen – es gibt bis zu 120 Schüler pro Klasse. Es überrascht nicht, dass viele Kinder nicht das Ende der Grundschule erreichen, trotz der besten Bemühungen der Lehrer. Für diejenigen, die die Grundschule beenden, bietet Kayar nur eine Realschule (CEM) für die weiterführende Schulausbildung an. Das CEM hat zu wenig Klassenzimmer und eine prekäre Grundausstattung. Möbel für Kinder und Lehrer sind unvollständig und die Laborgeräte für mehr naturwissenschaftlichen Unterricht sind immer noch ein Traum des Direktors. Mittel für Investitionen in grundlegenden Infrastruktur, einschließlich der Dächer und Schutzwände sind völlig unzureichend. Der Schulleiter und die Lehrer haben ihre eigenen Ansicht zu den unbefriedigenden Bedingungen für alle Mitglieder der Schulgemeinschaft und entwickeln so gut sie können Initiativen, um Verbesserungen herbeizuführen. Abibou Diop, Direktor der Realschule leistete gründliche Lobbyarbeit für Verbesserungen, mit einigem Erfolg. Aber es bleibt noch viel zu tun. Es braucht viel Kraft, um trotz der enormen Schwierigkeiten weiterzumachen. Die Lehrer verdienen Anerkennung und Unterstützung dafür. Einige Highlights sind hier zu verzeichnen.

Müll-Abfuhr und Verarbeitung ist ein weiterer problematischer Bereich. Die ungeregelten Deponien gerade vor der Haustür des CEM und im Wald vermitteln ein Gefühl von Missachtung für die Stadt und reduzieren beachtlich die Lebensqualität. Ein Großteil der Kunststoffe werden im Meer enden und tragen zur globalen Krise, verursacht durch die Meeresverschmutzung besonders durch Plastikabfälle bei.

Mit frei herumlaufenden Ziegen und Schafen ist es unvermeidbar, dass sie Reste der Kunststoffe und anderen Müll fressen, die für die Tiere ungesund sind und später für die Menschen, die das Fleisch essen. Die Tiere tragen auch zur Verbreitung des Mülls bei.

Zumindest anlässlich des Welt-Umwelt-Tages, am 5. Mai, haben die Realschule und wohl auch andere Schulen wieder eine fantastische Strand-Reinigungs-Aktion geplant. Im vergangenen Jahr war diese sehr erfolgreich.

Wie wäre es, jeden Tag des Jahres als Welt-Umwelt-Tag zu begehen, um Kayar in eine sehr schöne und bunte Stadt zu verwandeln?

Man könnte sich sogar um das Abwasser kümmern, das Teile des Landeplatzes verunreinigt.

Die Einrichtung solcher Dienste für die Allgemeinheit und ihre Aufrechterhaltung setzt voraus, dass die Bewohner selbst nicht mehr bereit sind, in einer heruntergekommenen Umgebung zu leben. Es würde bedeuten, dass sich einige Arbeitsgewohnheiten ändern müssten und auch Wege finden, für solche Dienste zu zahlen.

Könnte die Notwendigkeit zur Erfüllung Hygienestandards für zum Export bestimmter Meeresfrüchte und diversifizierte wirtschaftliche Aktivitäten Anreize schaffen, um das Abfallproblem anzugehen, bevor es zu einem ernsten Problem der öffentlichen Gesundheit wird? Werden die stolzen Einwohner von Kayar und ihre Anführer bald eine effektive Lösung finden?

An der Grundschule Kayar 1 achten der Direktor und die Lehrer besonders darauf, dass die Kinder jeden Tag im Schulhof und den Klassen den Müll sammeln und trennen, um ihre Lernumgebung sauberzuhalten.

Es ist ein täglicher Kampf, denn auch wenn niemand in der Schule selbst Papier oder Müll wegwerfen würde, kann der Wind Müll herumwirbeln, der sich dann in den Ecken ansammelt. Der tägliche Aufwand des Müllsammelns zahlt sich aus, denn die ordentlichen Räumlichkeiten strahlen eine angenehme Atmosphäre aus.

Die Kinder haben scheinbar die Lektion gelernt. Wir sahen das Ergebnis in Form von verschiedenen Müllsäcken, die in einer windgeschützten Ecke aufgetürmt waren. Man kann nur hoffen, dass die Endlagerung genauso gut gehandhabt wird, um die positiven Lernerfolge mit einem dauerhaften Engagement über die Grenzen der Schule hinaus zu gewährleisten.

Bei dem Besuch aller Klassen mit Direktor Adama Ndiaye (siehe Foto rechts), haben wir auch festgestellt, dass die Kinder trotz überfüllter Klassenräume prompt und kompetent die Fragen des Direktors beantworteten.

Werden sie die zukünftigen Führungskräfte und gesellschaftliche Erneuerer sein? Es gibt keinen Grund, dass zu bezweifeln.

Wieder auf dem Weg in Richtung Saint Louis, blieben wir in Gedanken beschäftigt mit den verschiedenen Strategien der Leute, auf die wir gestoßen waren, um ihr Los zu verbessern. Wir haben durch die verschiedenen Begegnungen gelernt: da ist einmal die Suche nach kurzfristigen Vorteilen, welche generell auf wenig Wissen und Aufmerksamkeit für die Konsequenzen des Handelns beruht. Auf diese Einstellung trafen wir bei dem ungeplanten (und zT illegalen) Vordringen der Stadt und seinen unmittelbaren Folgen wie Sandabbau. Wir trafen aber auch auf die längerfristige Investition in die Erziehung der Kinder, die als notwendig erachtet wird, damit sie besser für die Zukunft gerüstet sind.