Wussten Sie, dass Haie weltweit zu Millionen vor allem wegen ihrer Flossen getötet werden? Europa trägt mit schockierenden 45% zum Handel mit Haifischflossen auf den asiatischen Märkten bei, sowohl als Hauptexporteur als auch als Handelszentrum für Haifischflossen. Doch das soll sich nun ändern. Die EU-Bürgerinitiative @StopFinningEU hat mehr als 1,1 Millionen Unterstützungsbekundungen für die Einführung eines Handelsverbots für Haifischflossen in Europa gesammelt! Jetzt hat Europa die Chance zu beweisen, dass es seine Verpflichtungen zum Schutz der Haie ernst nimmt.

Das Europäische Parlament hat am 27. März 2023 eine viel beachtete Anhörung zu diesem Thema abgehalten.

Mundus maris hat die Kampagne unterstützt, die dazu geführt hat, dass mehr als eine Million europäische Bürger in 15 Ländern für ein Ende der grausamen Praxis des Abtrennens der Flossen von Haifischen plädiert haben. Es geht vor allem darum, den Handel zu stoppen, damit der abwegigen wirtschaftliche Anreiz des Abschneidens von Haifischflossen, manchmal sogar bei lebenden Tieren, in Europa für immer beseitigt wird. Vertreter des EU-Petitionsausschusses und andere, darunter Virginijus Sinkevičius, Mitglied der Europäischen Kommission für Umwelt, Ozeane und Fischerei, würdigten die enorme öffentliche Unterstützung, die trotz der Einschränkungen durch die Pandemie zustande gekommen ist - eine der wenigen erfolgreichen Initiativen dieser Art.

Nils Kluger, Leiter der Kampagne, hatte ein Team internationaler Experten zusammengestellt, um Beweise für den Vorwurf zu liefern. Er betonte, dass das "Finning" in Europa zwar bereits seit 2013 gesetzlich verboten ist, das systematische Töten von Haifischen aber wegen der hohen Preise für Haiflossen angesichts der anhaltend starken Marktnachfrage in asiatischen Ländern, in denen das "Finning" nicht verboten ist, zugenommen hat. Als erste aus dem Expertenteam sprach die berühmte Meeresforscherin Dr. Sylvia Earle. Sie war die erste weibliche Chefwissenschaftlerin der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Sylvia Earle berichtete über die Ergebnisse jahrzehntelanger Forschung über die Bedeutung der Haie für gesunde marine Ökosysteme. Haie sind hochintelligente Wesen. Sie können Schmerzen empfinden und haben viele kognitive Fähigkeiten, um die sie der Mensch beneiden könnte.

Bereits einige Tage vor der Anhörung hatte sich eine kleine Gruppe von Unterstützern vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel versammelt, um die gewählten Abgeordneten und ihre Assistenten auf die bevorstehende Anhörung aufmerksam zu machen.

Während der Anhörung sagten andere Sachverständige aus, dass das Kontrollsystem äußerst unzureichend sei, was einer der Hauptgründe dafür sei, dass die bestehenden Vorschriften in der Praxis unwirksam seien. Herr Bradley Soule, Fischerei-Durchsetzungs- und Compliance-Berater, schilderte seine Erfahrungen aus erster Hand. Die personell unterbesetzten Zoll- und Hafenkontrolldienste seien nicht in der Lage, die Haiarten zu erkennen, wenn sie nur eine wilde Mischung von Flossen in großen Sendungen oder sogar Containern betrachten, was selbst für Haiexperten eine Herausforderung sei. Er sagte, dass die jahrelangen Bemühungen um eine Schulung der Beamten keine Ergebnisse gebracht hätten, weil es für die Beamten einfach unmöglich sei, große Partien sicher zu kontrollieren. Auch die genetische Profilerstellung sei zu teuer und umständlich. Außerdem müssten die Beamten bei ihrem Handeln Prioritäten setzen, was bedeute, dass sie oft der Durchsuchung nach Waffen und Drogen den Vorzug gäben.

Zur weiteren Veranschaulichung verwies er auf die enorme Diskrepanz zwischen den Zollerklärungen von Containern für die Ausfuhr aus Europa, die einen Großteil des Inhalts verbergen, und den realistischeren Einfuhrerklärungen für dieselben Container in asiatischen Ländern, in denen das Abtrennen von Haifischflossen nicht verboten ist. Er zeigte auch einige Haifischflossen und forderte die Anwesenden auf, zu sagen, ob diese von bedrohten Arten stammten, die in Anhang II des CITES-Übereinkommens über den Handel mit gefährdeten Arten aufgeführt seien und daher eine Artenschutzgenehmigung erforderten, oder ob es sich generell um legale Produkte handele oder nicht.

Herr Daniel Voces de Onaindi, der Vertreter der Industrielobbygruppe EUROPECHE, entwarf ein rosiges Szenario von perfekter Einhaltung aller Vorschriften, einem legalen Handel und dem Konsum von Haifischfleisch insbesondere in und außerhalb Spaniens. Er wurde unterstützt von Frau A. Miranda Paz, MdEP aus Vigo, der wichtigsten Fischereihafenstadt in Galizien, Spanien. Frau Miranda Paz betonte, dass die weltweit operierende galizische Oberflächen-Langleinenfischereiflotte nach den höchsten Standards und in voller Transparenz arbeite. Sie praktiziere kein Finning und fange und lande nur ganze Fische für den heimischen Verbrauch und den Export an, insbesondere Blauhai (Blue shark, Prionace glauca). Infolge des dramatischen Rückgangs der Kurzflossen-Makohaie hatte die Flotte die Fischerei freiwillig eingestellt. Makohaie (Isurus oxyrinchus) vermehren sich sehr langsam und werden in der Natur 70 Jahre und mehr alt.

Herr Alex Cornelissen, ein Experte für die Überwachung des Seegebiets in Westafrika, widersprach dem. Er verwies auf mehrere Beispiele für illegale Praktiken spanischer Schiffe. Eines davon betraf ein Schiff aus Vigo mit einer Lizenz für den Thunfischfang in Liberia, bei dessen Inspektion festgestellt wurde, dass es Haie zur Gewinnung von Öl und Flossen fängt. Dieses Beispiel sollte nicht auf die gesamte Flotte verallgemeinert werden, zeige aber, wie schwierig es ist, die Einhaltung der Vorschriften angesichts unerwünschter Anreize zu gewährleisten. Er stellte fest, dass in den letzten Jahren immer mehr Junghaie gefangen wurden, da die erwachsenen Bestände bereits stark dezimiert waren. Dies müsse sofort gestoppt werden, damit sich die Bestände wieder erholen könnten, sofern dies noch möglich sei.

Herr Soule fügte hinzu, dass bei den vorherrschenden komplexen internationalen Liefer- und Wertschöpfungsketten die Rückverfolgbarkeit trotz der Bemühungen in der EU gefährdet sei. Die Annahme, dass eine Zurückverfolgung bei Containerladungen mit abgetrennten Flossen verschiedener Arten gewährleistet werden könne, sei einfach völlig unrealistisch.

Mehrere Abgeordnete meldeten sich zu Wort und forderten, nicht auf die Lobby der industriellen Fischerei zu hören, sondern die barbarische Praxis des Finning zu beenden. Sie forderten, der Bürgerinitiative für ein Verbot des Handels mit Haifischflossen Gehör zu schenken, da dies die Anreize zum Betrug beseitigen und gleichzeitig die legitimen Kleinfischer schützen würde. Außerdem forderten sie größere Anstrengungen zur Erstellung zuverlässiger Daten.

Der Vertreter des Sozial- und Wirtschaftsausschusses ergriff das Wort und betonte seine Unterstützung für die Bürgerinitiative. Er erklärte, dass es ihm nicht vornehmlich darum gehe, mehr Daten zu produzieren, da er in 40 Jahren Tauchen an vielen verschiedenen Orten den dramatischen Rückgang der Haibestände selbst erlebt habe.

Die Vertreter der Kommission erklärten, dass sie die Forderungen und Beweise während des Überprüfungsverfahrens ernsthaft prüfen werden. Es wird erwartet, dass die Kommission bis zum 11. Juli 2023 eine Entscheidung über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit treffen wird.

In seinen Schlussworten zeigte sich Kluger zufrieden mit dem positiven Dialog, den wichtigen Fragen und den leidenschaftlichen Redebeiträgen. Er dankte allen Abgeordneten und Vertretern der Kommission und der verschiedenen Ausschüsse für ihr aktives Engagement bei der Anhörung. Er dankte insbesondere den mehr als 1,1 Millionen EU-Bürgern, die die Forderung nach einem Handelsverbot für Haifischflossen unterzeichnet haben. Nach dem Vereinigten Königreich, Kanada und den USA ist es nun endlich an der Zeit, dass die Europäische Union dem guten Beispiel folgt und die erforderlichen Maßnahmen zur Rettung der Haie ergreift!

Wenn Sie die Anhörung verpasst haben, können Sie sich den aufgezeichneten Webstream hier ansehen. Weitere Hintergrundinformationen auf der Seite des Europaparlaments können hier abgerufen werden.

Eine Analyse der Behauptungen von Europeche ist hier zugänglich. Eine graphische Kurzdarstellung der Situation gibt es hier.

Deutsche Übersetzung von Claudia Mense.