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von Sangeeta Sonak

 

Khazan sind Feuchtgebiete in Goa. Es handelt sich um Ländereien, die aus umgewandelten Mangrovenwäldern im Gezeitenbereich entstanden sind. Die Ursprünge liegen wahrscheinlich in der vorchristlichen Zeit. Durch ein kompliziertes System von Deichen, Schleusen und Kanälen wurde dieses Land gewonnen und für verschiedene produktive Zwecke eingesetzt, wie Landwirtschaft, Aquakultur und Salzgewinnung durch Verdunstung von Meerwasser.

Die erste Dokumentation der Khazans ist aus dem sechsten Jahrhundert unserer Zeit. Es betrifft eine Schenkung von Khazan-Land durch einen König, abgebildet auf einer Kupferplatte. Das Khazan Ökosystem ist ein integriertes System, dessen Bewirtschaftung zunächst vor allem auf Landwirtschaft abgestellt war. Die Aufwendungen für die Instandhaltung wurden durch Verpachtung von Anbau- und Fischereirechten aufgebracht. Allerdings ist mit den Veränderungen in der globalisierten Wirtschaft und dem Markt, die Aquakultur jetzt der hauptsächliche Wirtschaftszweig der Khazans. Einige der Khazans sind mittlerweile nur noch für die Aquakultur genutzt und bleiben ansonsten unbebaut, bis auf einige wenige, die noch immer während des Monsuns als Reisfelder verwendet werden. Alle Fotos sind von der Autorin.

Traditionelle Khazan-Technologie schützt landwirtschaftliche Felder und Dörfer vor dem Einbruch von Salzwasser, Überschwemmung und Hochwasser.

Khazan Deiche sind aus dem Schlamm der Felder gebaut. Außenwände oder schützenden Deiche sind sehr dick, um dem Druck des Flußwassers Stand zu halten.

Zwischen den beiden Wänden des Schutz-Deiches verläuft ein Graben (Chanoy). Er ist mit Ton und Schlamm aus den Feldern ausgekleidet, also Materialien, die als Kittsubstanz dienen.

Der Deich selbst ist ebenfalls mit einer Schicht aus Lehm und Schlamm von den Feldern abgedeckt, die tharcupto genannt wird. Schutzdämme werden durch den Einbau von Schleusen unterbrochen, die dem inneren Staubecken eine Verbindung zum Estuar verschaffen.

 

 

Schleusen regulieren die Wasserflüsse so, dass ausreichend Süßwasser in den Feldern zur Verfügung steht, der Khazan aber von Überschwemmungen verschont bleibt. Schleusentore schließen automatisch während der Flut, so dass nur ein Teil des Wassers im Inneren verbleibt (Meerwasser aber nicht hineingelangt).

Bei Ebbe öffnen sie sich und lassen aufgestautes Flußwasser heraus.

Diese Schleusentore können auch manuell bedient werden, um die erforderliche Menge Wasser in die Felder zu bekommen.

 


Khazan Land – Landwirtschaft

Ein typischer Khazan hat einen zentralen Kanal, der die Verbindung zwischen dem Estuar und den inneren Kanälen herstellt, die der Trockenlegung der landwirtschaftlichen Felder dienen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Khazan Feldern werden vor allem salz-tolerante Reissorten angebaut. Die Deiche verhindern, dass Salzwasser auf die Felder fließt.

Die Schleusen regulieren den Fluß von salzhaltigem Wasser, und die Kanäle helfen bei der Drainage und der gesteuerten Wasserzirkulation.

 

 

 

 


Khazan Land – Aquakultur

 

 

Die Zone unmittelbar vor der Schleuse besteht aus einer Vertiefung ("poiem").

 

Sie dient nicht nur als Wasserreservoir, sondern dort sammeln sich auch Eier und Larven der im Wasser lebenden Fauna, die typisch für das Estuar ist.

 

Während der Flut, schwimmen Fische in weniger salzhaltiges Wasser, um zu laichen.

 

 

 

 

 

Die Jungfische wachsen in der Flußmündung besonders gut, da diese Gewässer reich an Nährstoffen sind, die von der organischen Biomasse von den landwirtschaftlichen Nutzflächen geliefert werden.

 

Darin entwickeln sich reiche Bestände von Algen und Kleinsttieren, die wiederum ausgezeichnetes Futter für Jungfische darstellen.

 

Die Produktivität des gesamten Systems ist hoch und wird vielseitig ausgenutzt. Die externen Einträge von Energie, künstlichem Dünger etc. bleiben minimal.

 

 

 

 

 

Die erwachsenen Fische, die ins
Meerwasser zurückwandern wollen,
werden an der Schleuse, besondern
bei wenig Tageslicht gefangen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Praxis sorgt für eine hohe Rendite bei gleichzeitigem Schutz der Bestände von Fischen und Garnelen.

Große Krebse können auch in Fallen gefangen werden.

 

 

 

 

 

 

 

Diese vielgestaltige Bewirtschaftung der Küstengebiete unter Berücksichtigung der Vereinbarkeit der unterschiedlichen Bedürfnisse beeinflußt den gesamten Lebensablauf und die lokale Kultur.

 

Die Bedeutung der Fische in diesen Lebensabläufen, in der Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern, wird auch in der lokalen Kunst widergespiegelt und ist in der nebenstehenden Skulptur symbolisiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Khazan Land - Salzgewinnung

Einige Parzellen werden mit Meerwasser gefüllt, das man verdunsten lässt. Auf diese Weise wird hochwertiges Meersalz gewonnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Verbindung von Solarenergie, angesammeltem Wissen und Praktiken, die im Laufe der Zeit getestet und verfeinert wurden, ermöglichen die Gewinnung von genügend Salz für die Vermarktung.

 

 

Neue Veröffentlichung

Dieses interessante von Menschen nachhaltig bewirtschaftete und geformte Küstenökosystem ist in größerem Detail in einen gerade bei Springer erschienenen akademischen Buch beschrieben und analysiert. Die Autorin:  Sangeeta M. Sonak, 2014. "Khazan Ecosystems of Goa - Building on Indigenous Solution to Cope with Global Environmental Change", 137 S.