Sie haben es wieder geschafft! YOUMARES 7 war wieder eine erfolgreiche Netzwerk-Konferenz für junge Meeresforscher. Dieses Mal in der Universität Hamburg ist es dem Organisationsteam gelungen, viel freiwillige Mitarbeit zu mobilisieren und die kreative Atmosphäre zu schaffen, für die YOUMARES bekannt ist. Mundus maris organisierte eine gut besuchte Podiumsdiskussion zum Thema "Wie können wir umweltverträgliche Fischereien erreichen?".

Vorangegangen waren die Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Meeresforschung (DGM) und ein sehr anregendes DGM Forum, das meisterhaft von Prof. Grassl gestaltet wurde, dem früheren Direktor des Max Planck Instituts für Meteorologie. Es folgte dann der YOUMARES 7 Icebreaker, der von Dr. Monika Breuch-Moritz, der Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), und Prof. Dr. Boris Koch, dem DGM Vorsitzenden, eröffnet wurde.

Der Icebreaker fand im Herzen der Hafen-City statt, mit Blick auf das Internationale Maritime Museum im historischen Gebäude des ältesten, noch erhaltenen Speicher der Stadt. Kaispeicher B von 1878 war ursprünglich ein Getreidespeicher. Das 10-stöckige Backsteingebäude im characteristischen "Hannoveraner Stil" wurde später zur Lagerung anderer Güter umgebaut und blickt heute nicht nur die Kanäle, die es auf zwei Seiten umgeben, sondern auch auf die modernen Neubauten gegenüber.

In der entspannten Atmosphäre dieser Umgebung der Nissis Kunstkantine, konnten sich junge und erfahrenere Wissenschaftler begegnen und dank warmer sommerlicher Temperaturen im Freien klönen.

Mehr als 100 junge Meeresforscher aus Deutschland und etlichen anderen Ländern sorgten für den Erfolg ihrer 7. Netzwerkkonferenz, die am Montag, den 12. September erst richtig begann.

Das Team um Vera Golz vom Arbeitskreis Studium und Lehre der DGM organisierte wieder einen coolen Event mit einem besonders ansprechenden Mix neuer Forschung und der Förderung von Kooperation und sozialer Verantwortung.

Das Asien-Afrika Institut bot zentral gelegene und gut geeignete Räumlichkeiten.

Nach den Begrüßungsworten der Veranstalter begann Dr. Claudia Hanfland, ein DGM Mitglied, das Eröffnungsplenum mit einem Informations-Vortrag über das Angebot an Unterstützungsmaßnahmen für Doktoranden.

Viele deutsche Einrichtungen und Institute bieten ein vielseitiges Unterstützungsprogramm an, das fuer Doktoranden maßgeschneidert ist. Der allgemeine Trend ist weg von der Eins-zu-Eins Betreuung und hin zur bereits international verbreiteten Gruppenbetreuung.

Lisa-Henrike Hentschel stellte die Arbeitsgruppe für kritische Wissenschaftler und Ozeanphilosophen vor, die nach der vorherigen YOUMARES Konferenz entstanden war und lud die Teilnehmer ein, mitzumachen und die Ziele und Ansätze weiter ausarbeiten zu helfen.

Der nächste Programmteil ging mit zwei parallelen Sessions weiter, eine zum Thema Eutrophierung (Überdüngung) und eine andere über gelöste organische Substanzen in aquatischen Systemen.

Die nächsten beiden Sessions behandelten "Wie passen sich Gemeinschaften an?" und "Grenzen der Polar- und Tiefseeforschung".

Im Eingangsvortrag der ersten Session, stellte Prof. Thomas Bosch dem Publikum einen Panorama-Blick neuer Konzepte der Evolution und der Funktionsweise von Vertebraten und anderen mehrzelligen Organismen vor. Er schlug die Annahme einer Begrifflichkeit vor, die über den klassischen Artbegriff hinausgeht und als "Holobiont" die essentiellen Wechselwirkungen zwischen dem Individuum eines vielzelligen Organismus und den mit ihm verbundenen Mikroben einschliesst. Letztere tragen entscheidend zur Gesundheit oder Krankheit des Wirtes bei.

Zwei weitere Präsentationen von jungen Wissenschaftlern in dieser Session konzentrierten sich auf spezifische Aspekte des Holobiont-Konzepts.

Am Nachmittag des ersten Konferenztags konnten Teilnehmer zwischen vier Workshops und drei Exkusionen  auswählen. Letztere waren begleitete Rundgänge im Aquarium, die Knochenschiff-Ausstellung im Internationalen Maritimen Museum und Diskussionen über Fischereiforschung auf der MS Stubniz. 

Am späten Nachmittag trafen sich alle wieder im Konferenzzentrum zur Poster Session mit vielen weiteren interessanten Discussionen. Der Abend des ersten Tags klang dann mit der mittlerweile zur Tradition gewordenen Veranstaltung Business trifft Wissenschaft aus.

Carole Thomas stellte vorläufige Ergebnisse ihrer Arbeit über den komplizierten Fall von (Nicht)Management in der Luxusfischerei von Grundeln in La Réunion, einem französischen Überseeterritorium vor. Damit begann die Session über die soziale Dimension von Umweltveränderungen in marinen Bereich am folgenden Tag. 

Paula Senff folgte mit einer Anwendung des allgemeinen sozial-ökologischen System (Social-Ecological System (SES)) Ansatzes, der erstmals von Nobel Preisträgerin Elinor Ostrom vorgeschlagen wurde. Die Anwendung betraf die Analyse einer asiatischen Aquakulturentwicklung in einem Mangrovengebiet.

Eine volle Session war der Meeres- und Küstenverschmutzung gewidmet. Das Schwergewicht lag auf Plastik, einem Thema, das momentan viel öffentliche Aufmerksamkeit genießt.

Korallenriffe und ihr Schicksal in den sich im Klimawandel erwärmenden Ozeanen wurden auch in einer eigenen Session behandelt. Methodische Fragen und die Erweiterung der Verbreitung vieler Arten mit Potential invasiv und schädlich zu werden waren die Themen weiterer Sessions am 2. Tag der Konferenz.

Die große Abwesende war eine eigene Session der jungen Organisatoren zur Überfischung, obwohl diese die wichtigste Gefahr für die marine Artenvielfalt und Ökosysteme darstellt, wie kürzlich in einem Artikel in der führenden wissenschaftlichen Zeitschrift Nature (1) gezeigt.

Dies spiegelt aber vermutlich eher die Prioritäten der Forschungsförderung als das mangelnde Interesse der jungen Kollegen wider. Auch deshalb, weil der Plenarvortrag von Dr. Rainer Froese aus dem GEOMAR in Kiel über umweltverträglichere Fischerei ein volles Haus verzeichnete. Die Kernaussagen basierten auf einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung (2) und waren die perfekte Einführung in die Podiumsdiskussion im Plenum zum selben Thema, die von YOUMARES und Mundus maris organisiert worden war.

Die Sprecher waren Dr. Rainer Froese (rechts auf dem Photo) und Björn Stockhausen von Seas at Risk in Brüssel. Dr. Cornelia E Nauen of Mundus maris moderierte. Stella Nemecky vom WWF, die speziell über die Erfahrungen mit den Beratungsgremien in der reformierten europäischen Gemeinsamen Fischereipolitik sprechen wollte, war leider im letzten Moment verhindert.

Die Wissenschaft macht klare Aussagen dazu, wie von Dr. Froese gezeigt. Es ist unabdingbar, die fischereiliche Sterblichkeit unter das sehr hohe Niveau zu senken, das erforderlich ist, um maximalen (sic!) dauerhaften Fischereiertrag (MSY). So könnten heruntergefischte Bestände wieder regeneriert werden und bis zu 60% höhere Erträge in europäischen Gewässern liefern. Wichtig zu wissen, der momentan exzessive Fischereidruck auf die meisten Bestände ist vollständig unökonomisch. Viele dieser Bestände schrammen immer nur gerade an der Grenze vorbei, unterhalb derer sie nicht mehr biologisch sicher erhalten werden können. Statt dessen sollten sie eine Bestandsgröße haben, die den maximalen Dauererstrag gewährleistet.

Björn Stockhausen gab Einblicke in die Funktionsweise der Regelmechanismen in Brüssel, die durch die Reform der gemeinsamen Fischereipolitik in Europa verbessert worden sind. Jetzt geht es nicht mehr darum, Nachhaltigkeitsziele festzusetzen, sondern die beschlossene Reform praktisch umzusetzen. In der Praxis ist dieser Prozess noch schwierig und erfordert jede Menge Forschung und wissenschaftlich beratende Begleitung in allen Stadien, sowohl in Bezug auf technische Maßnahmen als auch die Debatten in den beratenden Gremien und den drei wichtigsten europäischen Institutionen, der Kommission, dem Rat (Mitgliedsstaaten) und dem Parlament.

Die lebhafte Debatte hätte bei dem Interesse der Teilnehmer noch viel länger fortgesetzt werden können. Das ist vielleicht eine Anregung für mehr davon bei YOUMARES 8 nächstes Jahr in Kiel. Die Diskussion schloss jedenfalls mit einem dringenden Appel an die jungen Forscher, sich kritisch und dauerhaft mit ihrer Forschung und der Weiterverbreitung der Ergebnisse für Verbesserungen einzusetzen. Um es auf den Punkt zu bringen, eure Forschung ist meistens vor allem mit öffentlichen Mitteln gefördert. Gebt der Öffentlichkeit etwas zurück, um wieder Vertrauen aufzubauen und gemeinsam aus der aktuellen Krise herauszufinden. Das ist die Pflicht für jeden einzelnen, aber vor allem auch eine kollektive Verantwortung.

Das war ein guter Abschluß der Diskussion und auch eine Brücke zum Abschluß der gesamten Konferenz.

Da passte es gut, die Gewinner der besten mündlichen Vorstellung und der besten Poster auszuzeichnen, die vom Publikum als beste Kommunikatoren ausgewählt worden waren. Die jeweils drei ersten bekamen eine Ehrenurkunde.

Sie verdienten alle einen großen Applaus, zusammen mit dem Organisationsteam von YOUMARES. Mundus maris ist stolz, als Sponsor aktiv geworden zu sein und das Gespräch mit vielen Teilnehmern gefunden zu haben.

Daumen hoch und auf Wiedersehen in Kiel nächstes Jahr!

Die Photos sind von CE Nauen falls nicht anders markiert.

(1) Sean L. Maxwell et al., Nature 536,143–145 (11 August 2016) doi:10.1038/536143a

(2) Rainer Froese et al., 2016. Minimizing the impact of fishing. Fish and Fisheries, 17(3):785-802. DOI 10.1111/faf.12146.

 

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