Beim jährlich stattfindenden Transformation-Forum Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Transformation Forum, SDTF) treffen sich Ende Oktober in der Regel rund hundert Personen in Incheon City, Korea. Die Pandemie zwang das UN-Büro für nachhaltige Entwicklung (UNOSD), das Forum zum zweiten Mal in Folge online zu organisieren. Am 2. März lag der Schwerpunkt auf dem Ziel 14 für nachhaltige Entwicklung (SDG 14). Ein Hauptanliegen war es, die Folgen der Covid-Pandemie zu überwinden. Das Forum wollte auch einen Beitrag zur bevorstehenden zweiten UN-Ozeankonferenz leisten, die bereits zweimal verschoben wurde und nun vom 27. Juni bis 1. Juli 2022 in Lissabon stattfinden soll. Cornelia E. Nauen von Mundus maris war als Podiumsteilnehmerin zu einer der Sitzungen über die Umsetzung des SDG 14 "Leben unter Wasser" eingeladen.

Cornelias Vortrag trug den Titel "SDG 14 - Menschen im Prozess der Umsetzung". Sie ordnete SDG 14 als Teil der wesentlichen Lebensgrundlage ein, auf der nicht nur die gesellschaftlichen Ziele wie (1) keine Armut, (2) kein Hunger, (3) gute Gesundheit und Wohlbefinden, (4) hochwertige Bildung, (5) Gleichstellung der Geschlechter und (16) Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen beruhen, sondern auch der wirtschaftliche Bereich mit Zielen wie (8) menschenwürdige Arbeit und (12) verantwortungsvoller Konsum und Produktion. Alle anderen 16 SGDs sind natürlich durch SDG 17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele bedingt.

Das Shifting-Baseline-Syndrom, also die Tatsache, dass jede Generation von Fachleuten den Zustand des Ozeans zu Beginn ihrer Karriere als Bezugspunkt nimmt, hindert viele Menschen daran, zu erkennen, wie stark die Struktur und das Funktionieren der Meeresökosysteme bereits beeinträchtigt sind, vor allem durch den intensiven Fischfang. Dies ist bekannt geworden als "fishing down marine food webs", wie Pauly in einem Artikel in der Zeitschrift Ambio beschreibt.

Chronologische Aufzeichnungen belegen in der Tat den steilen Rückgang großer Raubfische im Nordatlantik. Christensen und seine Ko-Autoren zeigen, dass der Schwund im letzten Jahrhundert gravierend war. Dieser Prozess hat sich in den letzten 50 Jahren verschärft und 2/3 der Biomasse erreicht. Eine umfassendere Studie von Pauly und Ko-Autoren, die den gesamten Weltozean umfasst, bestätigt den Trend, der sich in den letzten 40 Jahren beschleunigt hat. Die Auswirkungen der Überfischung auf die marinen Ökosysteme werden durch andere Stressfaktoren wie die Erwärmung des Ozeans und die Verschmutzung noch verstärkt.

Was ist die Ursache für die industrielle Überfischung? Mehrere Faktoren sind ausschlaggebend, wobei Subventionen eine besonders perverse Rolle spielen. Durch die Verwendung von Steuergeldern haben eine Reihe von Ländern im Vergleich zu den verfügbaren Ressourcen massive Überkapazitäten aufgebaut. Auf einem globalen Markt schaffen der Wettbewerb und die oft mangelhafte Aufsicht der Flaggenstaaten Raum für rechtswidrige Praktiken, von der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (IUU-Fischerei) bis hin zur Ausbeutung der Arbeitskräfte und Schlimmerem. Solche kapazitätssteigernden, schädlichen Subventionen werden in einer aktuellen Studie von Sumaila und Ko-Autoren auf 22 Milliarden USD pro Jahr geschätzt. Etwa 85 % dieser Subventionen halten industrielle Fernflotten am Laufen, die ohne sie unwirtschaftlich wären.

Bedauerlicherweise ist das Ziel 14.6, das die Welthandelsorganisation (WTO) zum Abbau schädlicher Subventionen verpflichtet, eines der vier Ziele, die 2020 unerfüllt ausliefen. Mundus maris ist Mitglied einer großen Allianz von Organisationen der Zivilgesellschaft, die von den Verhandlungspartnern nun einen Vertrag fordern, der ihrem Mandat gerecht wird. Die Steuerzahler in den subventionierenden Ländern, alle marinen Ökosysteme und Millionen von legitimen handwerklichen Fischern würden zu den größten Nutznießern gehören.

Deutsche Übersetzung: SDG 14 Ziele 2020

14.2 Bis 2020 die Meeres- und Küstenökosysteme nachhaltig bewirtschaften und schützen, um unter anderem durch Stärkung ihrer Resilienz erhebliche nachteilige Auswirkungen zu vermeiden, und Maßnahmen zu ihrer Wiederherstellung ergreifen, damit die Meere wieder gesund und produktiv werden

14.4 Bis 2020 die Fangtätigkeit wirksam regeln und die Überfischung, die illegale, ungemeldete und unregulierte Fischerei und zerstörerische Fangpraktiken beenden und wissenschaftlich fundierte Bewirtschaftungspläne umsetzen, um die Fischbestände in kürzestmöglicher Zeit mindestens auf einen Stand zurückzuführen, der den höchstmöglichen Dauerertrag unter Berücksichtigung ihrer biologischen Merkmale sichert

14.5 Bis 2020 mindestens 10 Prozent der Küsten- und Meeresgebiete im Einklang mit dem nationalen Recht und dem Völkerrecht und auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen erhalten

14.6 Bis 2020 bestimmte Formen der Fischereisubventionen untersagen, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen, Subventionen abschaffen, die zu illegaler, ungemeldeter und unregulierter Fischerei beitragen, und keine neuen derartigen Subventionen einführen, in Anerkennung dessen, dass eine geeignete und wirksame besondere und differenzierte Behandlung der Entwicklungsländer und der am wenigsten entwickelten Länder einen untrennbaren Bestandteil der im Rahmen der Welthandelsorganisation geführten Verhandlungen über Fischereisubventionen bilden sollte

Darüber hinaus führt der zunehmende Fang von kleinen pelagischen Arten durch industrielle Schiffe für Fischmehlfabriken, die z. B. in westafrikanischen Ländern wie Mauretanien, Senegal, Gambia und anderswo entstanden sind, dazu, dass der Export von Tierfutter gegen einheimische, erschwingliche Nahrungsmittel antritt. Das hat Auswirkungen auf die Sahelländer ohne Küsten, die früher regionale Märkte für die traditionell verarbeiteten, kleinen pelagischen Fische waren. Diese Wertschöpfungsketten schufen Einkommen für viele Männer und Frauen in Fischerei, Verarbeitung und Handel.

Die diplomatischen Bemühungen zur Umsetzung von SDG 14 müssen durch eine auf die Menschen ausgerichtete Unterstützung derjenigen ergänzt werden, die am meisten unter den Folgen der Missachtung der vereinbarten Ziele leiden. Cornelia merkte in diesem Zusammenhang an: "Lassen Sie uns von diesem großen, breit angelegten Bild zu einem Beispiel übergehen, aus dem sich vielleicht einige Alternativen ableiten lassen. Auf der Grundlage zahlreicher früherer Arbeiten vor Ort und angeregt durch Bewertungen der 'versteckten Ernte' der weitgehend nicht erfassten handwerklichen Fischerei suchten wir gemeinsam mit den Fischern nach einer Antwort. Deshalb haben wir im November 2018 zusammen mit Männern und Frauen aus allen Wertschöpfungsketten und Regionen Senegals, Forschern und Verwaltungsangestellten die Akademie der handwerklichen Fischerei ins Leben gerufen, um auf den Bedarf an gemeinsamem Lernen und mit der Suche nach Lösungen für sich verschärfende Probleme zu reagieren.

Die Akademie der handwerklichen Fischerei ist eine sichere Plattform für einen respektvollen Dialog zwischen vielen Akteuren, gemeinsames Lernen, die gemeinsame Schaffung von Wissen und Innovation für die Wiederherstellung, den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meeres- und Küstenressourcen und eine florierende handwerkliche Fischerei.

Jede Veränderung beginnt mit einer Vision. Die Vision eines besseren Lebens - individuell und in der Gemeinschaft - gibt die Richtung vor. Begibt man sich auf den Weg der Veränderung, ist es sinnvoll, ein konkretes Ziel festzulegen, das innerhalb eines Jahres erreicht werden kann, und dann darüber nachzudenken, was Zwischenziele sein können. Genauso wichtig ist es, kritisch darüber zu diskutieren, welche Hindernisse sich in den Weg stellen könnten und wer und welche Umstände für das Erreichen des Ziels hilfreich sind. Dies wird in einem kurzen Video über Nabia, einen Händler von Kleinstfischen in Yoff, Senegal, veranschaulicht.

Was sind die Kernaussagen dieses kurzen Beitrags?

Die Folien von Cornelias Präsentation sind hier zu sehen.

Erfreulicherweise gab es nach dem deprimierenden Vortrag von Harmen Spek von der Plastic Soup Foundation über die Schäden, die durch die starke Verschmutzung der Meere durch Plastik bereits entstanden sind, eine hoffnungsvolle Nachricht: Die Staats- und Regierungschefs hatten sich auf der UN-Konferenz in Nairobi gerade darauf geeinigt, einen zweijährigen Prozess zur Aushandlung eines international verbindlichen Vertrags gegen genau diese Verschmutzung einzuleiten.
Der komplette Bericht des Forums ist hier zu sehen.

Übersetzung: Claudia Mense