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Von Nuria Estrella Santos

Puerto Lopez und die Wanderung der Wale


Jedes Jahr verändert die Ankunft der Buckelwale das Leben von Puerto Lopez, einem Fischerdorf im mittleren Südteil der Küste von Ecuador. Die Wale wandern von den Polargebieten in die warmen äquatorialen Pazifikgewässer zur Paarung und Fortpflanzung. Puerto Lopez, hat eine Einwohnerzahl von 8.000 Einwohner und liegt im Machalilla Nationalpark. Es ist vor allem ein Fischerdorf, das seit fast zwei Jahrzehnten rund Walbeobachtungen und Besuche des Nationalpark Machalilla eine wachsende touristische Aktivität entwickelt hat (Fotos von Nuria Estrella Santos, sofern nicht anders angegeben).

In diesem Zusammenhang ist die Rolle des Tourismus als einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung von Puerto Lopez unbestreitbar, aber der Tourismus bringt auch einige perverse Effekte: Staus in den Städten, soziale Veränderungen, die Anhäufung aller Arten von Abfällen, Schäden für die Ökosysteme und die Biodiversität.

Bisher tragen die touristischen Aktivitäten in Puerto Lopez wenig zum Meeresschutz bei. In einem regulären Betrieb zum Beispiel, bei dem jeder der 16 bis 20 Touristen an Bord ein oder zwei Snacks während der Ausfahrt zur Beobachtung der Wale oder zur Silberinsel (Isla de la Plata) bekommt, fallen mindestens 30 Einweg-Plastikbecher täglich an. Die touristische Saison dauert etwa 4 Monaten und es gibt mindestens 20 registrierte Boote, die sich den Walbeobachtungstouren und den Ausflügen auf die Isla de la Plata widmen. Dazu kommen andere Booten, die solche Touren illegal durchführen.

 

Nach einen konservativen Schätzung können wir davon ausgehen, dass in den vier Monaten der Hochsaison von Juni bis September, 20 Schiffe durchschnittlich je 7 Fahrten pro Monat machen. Dies schlägt sich in fast 20.000 Einweg-Plastikbechern nieder. Dazu kommen die Softdrink-Flaschen, mindestens zwei pro Transaktion abzuschließen ... Wenn man also bedenkt, dass täglich im Kanton Puerto Lopez 12 Tonnen Müll produziert werden, erhöht sich diese menge in der Hauptsaison durch zwischen zwei und vier Tonnen Müll von Touristenbooten, vor allem Kunststoffe.

Abfall ist ein weltweites Problem, aber in Entwicklungsländern wie Ecuador, ist das Problem besonders akut durch Bevölkerungswachstum, mangelnde Abfallbeseitigung, Mangel an Ressourcen, Armut, gesundheitliche Probleme, wachsendem Verbrauch, dem Mangel an Entsorgung or Recycling sowie institutionelle Schwächen, unter anderen Faktoren. Das Beispiel von Puerto Lopez illustriert diese Tatsache. Es gibt sehr wenig Bewusstsein in der Bevölkerung bezüglich des Abfallproblemes und sowohl die Kleinfischerei als auch die industrielle Fischerei schmeißen ihe Abfälle ins Meer. Außerdem hat die Bevölkerung einige Flüsse und ungenutzte Flächen in Deponien verwandelt.

In einer natürlichen, geschützten Raum, wie dem Manchalilla Nationalpark, könnte die Summe dieser nicht nachhaltigen Praktiken die Erhaltung der Umwelt gefährden und die Ökologie des Gebiets mit Flaggschiff-Arten wie Walen, Schildkröten und Vögel für immer verändern.

 

Was nicht in der Mülltonne ist ...

Die Gemeinde Puerto Lopez sammelt etwa 70% der erzeugten Abfälle im Landkreis und bringt alles bisher ohne Behandlung auf Halden in einer Deponie. Das System hat seine Schwächen charakterisiert durch einen Mangel an Ressourcen, Verständnis der Optionen und von Management. Die Abfallwirtschaft wird derzeit zu 86% subventioniert.

Der Müll, der nicht gesammelt wird oder den die Menschen einfach weggeworfen haben, sammelt sich in Flüssen, Bächen und Baulücken. Früher oder später erreichen Teile dieser Abfälle das Meer durch Flüsse, Regen oder Wind. Die handwerklichen und industriellen Sektoren der Fischerei leten Abfall oft direkt ins Meer. Dies wird noch durch den Müll verschärft, der sich an den Stränden aus dem Tourismus und Güterumschlag der Fischerei ansammelt.

Abfälle schaffen nicht nur gesundheitliche Risiken für die Menschen, sondern auch für das Leben der Meerestiere, hauptsächlich Schildkröten und Seevögeln, die durch versehentlichem Fressen von Restmüll sterben, vor allem Kunststoffen und weggeworfenem Netzmaterial.

Der Müll an den Stränden, der von den Gezeiten und dem Wind direkt angespült wird, ist auch ein Problem. Es ist ein ästhetisches Problem, das für die Leute ein schlechtes Bild abgibt und sich somit negativ auf den Tourismus auswirkt; aber er ist auch eine Gefahr für die Öffentlichkeit und die Besucher, die Unfälle durch die Reste von Dosen oder Glas erleiden können und stellt eine Gefahr für mit Müll am Strand spielenden Kindern dar.

 

Was in unserer Hand ist.

Angesichts dieses Problems und der Notwendigkeit, zu handeln, ist das Projekt "Unterstützung der integrierten Abfallwirtschaft in Puerto Lopez, Jama und San Vicente" entstanden. Das Projekt wird von der Europäischen Union finanziert und von der Stiftung Santiago de Guayaquil durchgeführt. Eines seiner vorrangigen Ziele ist es, die Bevölkerung zu mehr verantwortungsvollem Verhalten im Umgang mit Abfälle zu veranlassen.

Bei der Gestaltung von Strategien, um die Menschen einzubeziehen, wurde der RecicleARTE Wettbewerb während der Waltourismus-Saison entwickelt. Der Wettbewerb sollte der Sensibilisierung der Öffentlichkeit über die Müllproblematik und der Verbreitung systematischer Wiederverwertung dienen. Die Idee war, Skulpturen von Walen, die ikonische Art von Puerto Lopez, aus Recycling-Material zu bauen.

Diese Art Fusion zwischen Wissenschaft und Kunst ist nicht ganz neu, der Fokus ist in jedem Fall anders, aber viele verfolgen das Ziel, duch neue Ausdrucksmittel einen Weg zu bahnen, um Menschen zu Umweltthemen zu sensibilisieren.


 

Der Wettbewerb RecicleARTE

Die RecicleARTE Wettbewerb fand Ende August 2010 in Puerto Lopez mitten in der Whale Watching Saison statt. Für den Wettbewerb hatte das Projekt zunächst keine Mittel für die Preisträger geplant, aber im Vorbereitungsprozess kamen immer mehr Teilnehmer zusammen, vor allem Kinder-und Jugendgruppen. Um die Schaffung einer Jugend-Kategorie im Wettbewerb zu ermöglichen, damit die Kreativität der Kinder anerkannt werden könnte, baten wir einen Beitrag von der Mundus maris Initiative.

Wir bekamen die geforderten Mittel von Mundus maris für die Kinder, die beteiligt waren. Auf diese Weise konnten sie auch die Anerkennung für ihre aktive Beteiligung erhalten. Der Preis für beide Kategorien war ein Beitrag zu Aktivitäten, die die Entwicklung der jungen Teilnehmer förderte.

Der Wettbewerb wurde ansonsten in erster Linie auf Gruppen von Handwerkern und Wiederverwerter orientiert. Es konnten sich aber auch einzelne Künstler beteiligen. Es gab zwei Kategorien: Handwerker und Jugend. Klicken Sie hier für die Bedingungen des Wettbewerbs (in Spanisch).

 

Kategorie Handwerker

Salangome Handwerker-Gruppe. Dies ist eine Gruppe von 14 Handwerkern, die aus verschiedenen Materialien Handarbeiten machen und umfasst eine Gruppe Leute, die entweder innerhalb der Nationalpark Machalilla oder in Puerto Lopez leben.

 

Die Gruppe erstellte einen Wal durch Wiederverwendung von Metalldosen, Nylonfäden von Fischnetzen, Kronkorken und anderen Materialien (Fotos oben: Asociación Salangome).

 

Alfredo Rocha, Recycler. Alfredo Rocha hat Wiederverwertung zu seinem Lebensweg gemacht und ist ungemein engagiert auf diesem Gebiet. Sein bootförmiges Haus besteht fast ausschließlich aus wiederverwendeten Materialien. Er und seine Frau sind Recycler, die alle Materialien aus der Deponie in Puerto Lopez holen.


(Fotos: Nuria Estrella Santos)

Die Skulptur von Alfred war ein Wal, der aus einem neuem Material konstruiert war, das von ihm selbst auf der Basis von Flex-Schaum erzeugt worden war. Weiterhin wurden für diese Skulptur die folgenden Materialien (wieder-)verwendet: Plastikflaschen, Draht, ein Schwimmer von einem Fischernetz, Bälle aus Deo-Flaschen, um die Augen des Wales zu schaffen. Die Basis eines ausrangierten Ventilators diente als Stütze der Skulptur.

Walschutzgebiet Assoziation (Asociación Santuario de Ballenas). Dies ist ein Tourismus-Verband. Eines ihrer Mitglieder, Remigio Fuentes, schuf eine Skulptur eines Wals aus einem am Strand gefundenen Reifens. Remigio Skulptur sollen einen in Netzen verfangen und Müll verfangenen Wal, und die Schreie der Wale für ihr Überleben darstellen.

(Foto: Nuria Estrella Santos)

Jugendkategorie

Jaime Roldos Schule und die Stiftung Natur und Kunst. Die Jaime Roldos Schule ist im Barrio San Pedro angesiedelt, in der Nachbarschaft, wo die meisten Fischer von Puerto López wohnen. Die Schule hat 120 Kinder in den verschiedenen Klassen. Die Skulptur der Schule wurde von der Natur und Kunst-Stiftung von Laura Hester und einer englischen Künstlerin, Lu Johnson, unterstützt. Der Prozess der Schaffung der Walskulptur war eine interessante Mischung aus spielerischen Aktivitäten, Bildung und Naturschutz. Jede Klasse der Schule beteiligte sich an der Herstellung der Skulptur. Die Arbeit war organisatorisch wie folgt aufgeteilt: zuerst wurde der Müll vom Strand aufgesammelt und entfernt, dann kam die Vorbereitung der Materialien, die letztlich zur Entwicklung der Skulptur beitrugen. In der Skulptur der Walschwanzflosse wurden viele Abfälle verwendet, wie z. B. Kunststoff-Flaschen, Verschlüsse und Deckel, Netze und Räder. Aller Müll war am Strand gesammelt worden (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Laura Hester).

   

Die erste Montage der Walschwanzflosse auf der Grünfläche, die einen besondern Blick aufs Meer freigibt, war ziemlich bewegend.

Ökoklub von jungen Naturschützern (Ecoclub de Niños de la Naturaleza Cuidadores). Der Ökoklub ist eine lokale Initiative einer Gruppe von jungen Biologen und Ökologen, die Naturschutz und Bildung fördern soll, vor allem zum Schutz des Lebens im Meer. Der Ökoklub spricht Kinder mit Interesse an Lernen und Fürsorge für die Natur an. Seine Aktivitätsangebote werden regelmäßig von etwa 12 bis 14 Kindern zwischen 7 und 14 Jahren besucht. Diese jungen Leute, wie auch die Schüler der Schule Jaime Roldos, sind vor allem Kinder von einheimischen Fischern. Diese Aktivität wurde von Micaela Peña und Gabriela Anhalzer unterstützt.

Mit dem Müll, vor allem flachen Gummistücken und Band, die die Kinder vom Strand aufgesammelt hatten, fertigten sie eine Skulptur in Form einer Walschwanzflosse an.

Der Wal ist dargestellt, wie er in einem Meer mit Spuren von Plastikfolie und Müll versinkt. Flaschenverschlüsse und Schaum wurden ebenfalls verwendet.

 

 

 


 

Die Ausstellung "Das Meer bittet uns um Hilfe!"

Alle Arbeiten wurden während der letzten Augustwoche 2010 auf dem zentralen Platz von Puerto Lopez ausgestellt. Die Präsentation wurde mit Plakaten und Informationsmaterial zu Umweltthemen ergänzt und sollte einer Kultur der verantwortungsvolle Bewirtschaftung der festen Abfälle Vorschub leisten.

Die Ausstellung wurde von der örtlichen Bevölkerung und ausländischen Touristen, College Gruppen und Schulen von Puerto Lopez besucht.

Die Gewinner


Am 2. September 2010 fand die öffentliche Auszeichnung der Gewinner statt. Es war schön zu sehen, dass jeder Beitrag auf seine Weise anders war; jeder hatte verschiedene Materialien benutzt und unterschiedliche Vorschläge gemacht, die alle zur Bereicherung der Ausstellung beitrugen.

 

Für die Kategorie Handwerker wurde der erste Preis der Assoziation Salangome zugesprochen. Der von ihnen vorgestellte Wal erhielt die höchste Zustimmungsrate von den Gutachtern und Besuchern.

Dank der Unterstützung von Mundus maris asbl konnten beide Teilnehmer in der Kategorie Jugend ausgezeichnet werden.

Der erste Preis wurde von der Jaime Roldos Schule und der Natur und Kunst Stiftung gewonnen. Der zweite Preis wurde dem Ökoklub der jungen Naturschützer verliehen. Die beiden Auszeichnungen wurden in bar ausgezahlt, um einige Bedürnisse der Schule zu befriedigen und bestimmte Aktivitäten der Gewinner zu ermöglichen.

 

Die Jaime Roldos Schule verwendet die $ 150 Preisgeld für die Verbesserung der schulischen Infrastruktur, die sehr unterentwickelt ist. Es gibt zB keine Türen zu den Klassenzimmern. Mit Hilfe von Laura Hester von der Stiftung Natur und Kunst sind jetzt Verbesserungen in der Schule erfolgt. Bald können Sie mehr über diese Erfahrung lesen.


 

Der Preis für den Ökoklub, $ 100, wurden so eingesetzt, dass die 12 teilnehmenden Kinder zum ersten Mal die Isla de la Plata besuchen konnten. Die Kinder hatten bisher noch nie die Gelegenheit zu einem Besuch der Insel gehabt, die Teil des Machalilla National Park ist. Sie konnten Schnorchel und Masken mieten und die Insel zusammen mit ihren Führern Gabriela Anhalzer und Micaela Peña besuchen. Der Nationalpark Machalilla war an der Zusammenarbeit beteiligt, indem er ein kleines Boot für den Transfer auf die Insel zur Verfügung stellte. Lesen Sie mehr von Laura Hester über diese Erfahrung, und was als Nachfolgeaktivität geplant ist.

Über die Autorin:

Nuria Estrella Santos hat ein Diplom in Umwelttechnik von der Freien Universität Brüssel und ist eine ehemalige Praktikantin des Programms Internationale Wissenschafts- und Technologiekooperation (INCO) der Europäischen Kommission in Brüssel. Heute arbeitet sie für die Fundación Santiago de Guyaquil im Abfallwirtschafts-Projekt in Puerto Lopez, Jama und San Vicente an der ecuadorianischen Küste, das von der Europäischen Union finanziert wird.

 

In der Region gibt es verschiedene andere Initiativen, zur Nachhaltigkeit der Kleinfischerei beizutragen. Hier klicken, um mehr über eines dieser Projekt zu erfahren.