Drei Mitglieder des Europäischen Parlaments nahmen an dieser besonderen Veranstaltung am Mittwochabend, den 15. Oktober 2025, teil: Isabella Lövin, Christophe Clergeau und Sebastian Everding. Unter der Moderation von Laura Sullivan wurde eine gekürzte Fassung von „OCEAN“ mit Sir David Attenborough gezeigt. Filmregisseur Toby Nowlan nahm zusammen mit Veronica Manfredi, Direktorin der Direktion ENV. C in der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, Michalis Croessmann, Präsident des Berufsfischereiverbandes von Amorgos „Chozoviotissa“, Griechenland, und Anaïs Berthier, Anwältin und Leiterin von ClientEarth Brüssel teil.

Nach einer kurzen Einführung durch MdEP Lövin wurde eine 25-minütige Sequenz des Dokumentarfilms „OCEAN“ gezeigt, begleitet von einem Kommentar von Sir David Attenborough, der mit heute 99 Jahren Einblicke in sein außergewöhnliches Leben als Naturdokumentator und Entdecker gab. Sehen Sie hier den Trailer.

Toby Nowlan, Silverback Films

Toby Nowlan von Silverback Films lieferte einige zusätzliche Hintergrundinformationen zur Produktion. Auch zu den Bemühungen, die unglaubliche Verwüstung, die die industrielle Grundschleppnetzfischerei anrichtet, ans Licht zu bringen, indem Kameras im Inneren des Schleppnetzes angebracht wurden. Die Grundschleppnetzfischerei findet tagein, tagaus statt – zumeist ohne Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit. Diejenigen, die die Bilder sehen, finden es völlig unverständlich, wie solche Praktiken fortbestehen können, auch in Meeresgebieten, die als „geschützt“ bezeichnet werden.

Selbst bei denjenigen im Saal, die den Dokumentarfilm bereits vollständig gesehen hatten, hinterließen die Szenen der völligen Zerstörung auf der einen Seite und die unglaublich schnelle Erholung in vollständig geschützten Gebieten auf der anderen Seite, tiefengreifenden Eindruck.

Veronica Manfredi, Direktorin der Direktion C der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, war sich dieses Widerspruchs bewußt. Sie schlug vor, dass die EU-Mitgliedstaaten im nächsten Jahr Aktionspläne zur Umsetzung des Green Recovery vorlegen sollten, eine Gelegenheit, um dieses ernste Problem anzugehen. Es gebe Wege, sich für einen positiven Wandel einzusetzen, etwa durch das Einreichen von Beschwerden und die Teilnahme an öffentlichen Konsultationen zu Gesetzesinitiativen.

Anaïs Berthier, ClientEarth

Das sei ja alles schön und gut, konterte Anaïs Berthier, Senior Lawyer und Leiterin von ClientEarth Brüssel. Sie beklagte die große Diskrepanz zwischen den Gesetzen und Vorschriften auf dem Papier und dem, was in der Realität täglich passiert.

In diesem Zusammenhang verwies sie auf die Ergebnisse einer aktuellen Studie, die die Kosten der Untätigkeit im Umweltschutz auf 190 Milliarden Euro pro Jahr schätzt!

Sie argumentierte, dass die Kommission, als Hüterin der Verträge nicht genug tue, um die Mitgliedstaaten und andere Akteure für die angerichteten oder nicht vermiedenen Schäden und andere Formen des unrechtmäßigen Handelns zur Rechenschaft zu ziehen.

MdEP Christophe Clergeau

In seiner direkten Antwort bezweifelte MdEP Christophe Clergeau, dass der Kommissar für Fischerei und Ozeane, Costas Kadis, seinen Aufgaben nachkommen könne, da die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, seine Forderung nach einer ressortübergreifenden Koordinierungsmission zur kohärenten Ausgestaltung des Ozeanpakts abgelehnt habe. Er wünschte sich, dass Präsidentin von der Leyen erklärt, WIE die Ziele der Wiederherstellung erreicht werden können. In diesem Zusammenhang betonte er, dass es wichtig sei, auch den Rat der EU-Mitgliedstaaten zu verpflichten, die bestehenden Rechtsvorschriften, die sie mit beschlossen hätten, endlich umzusetzen.

Er wünschte sich auch mehr Ehrgeiz in Bezug auf die Formulierung eines effektiven Ozeanpaktes, für den bisher nur 3 % des vorgeschlagenen mehrjährigen Finanzrahmens (MFR, 2028-2034) vorgesehen sind. Dies sei zu wenig, um einen gut durchdachten und integrierten Übergang zur Kohlenstoffneutralität und zur Regeneration der biologischen Vielfalt zu gewährleisten. Die Europaabgeordnete Isabella Lövin äußerte zudem die Hoffnung, dass die Krise in der Ostsee zu einem Testfall für positive Veränderungen werden könnte. Der Europaabgeordnete Sebastian Everding fügte hinzu, dass soziale Gerechtigkeit und die Wiederherstellung von Ökosystemen Hand in Hand gehen müssten.

Michalis Croessmann, Präsident des Berufsfischereiverbandes von Amorgos „Chozoviotissa“, Griechenland

Inzwischen ergreifen handwerkliche Fischer vor Ort die Initiative zur Rettung von Meerestieren. Michalis Croessmann, Präsident des Berufsfischereiverbandes von Amorgos in Griechenland, erläuterte, was sein Verband mit Unterstützung lokaler Organisationen der Zivilgesellschaft bereits unternommen hat.

Er erklärte, dass ein Masterplan erforderlich sei, um die Grundschleppnetzfischerei schrittweise einzustellen. Wenn nicht bald etwas unternommen werde, laufe den handwerklichen Fischern und den Ressourcen des Meeres die Zeit davon.

Andere Diskussionsteilnehmer erinnerten daran, dass die neue Meeresraumplanungsrichtlinie, die den Ozeanpakt untermauern soll, die Durchsetzung anderer bestehender Instrumente wie der Vogelschutzrichtlinie, der Habitatrichtlinie, der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und der einschlägigen Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) stärken sollte. Es sei daher besorgniserregend, dass Instrumente, die gut seien, aber von den EU-Mitgliedstaaten nicht umgesetzt würden, nun von Präsidentin von der Leyen zur Änderung freigegeben würden.

Gastgeber Clergeau mahnte in seinem Schlusswort zu erhöhter Achtsamkeit. Die Zeit, aus der Vergangenheit zu lernen und zu handeln, sei JETZT. Er forderte alle Bürger und Organisationen, denen die Rettung der Ozeane am Herzen liegt, auf, sich für einen kohärenten und ehrgeizigen Ozeanpakt einzusetzen, der sich an den bestehenden internationalen Verträgen sowie den regionalen und EU-spezifischen Bedürfnissen orientiert.

Mundus maris wird seine Bemühungen um die Verbreitung von Wissen über die Meere verstärken. Bisher gibt es viele Fehlentwicklungen, weil es nicht genug öffentliche Kontrolle und Beteiligung gibt, um Mehrheiten für bessere Alternativen zu schaffen.

Text und Fotos von C.E. Nauen, deutsche Übersetzung von Claudia Mense.