Schlaglichter zu letzten Entwicklungen in 2015 mit Augenmerk auf Westafrika.

Mundus maris erläutert letzte Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene, die darauf abzielen, standardisierte Prozesse und Praktiken zu entwickeln und einzuführen, die die Transparenz des Fischereisektors erhöhen. Transparenz hat mehrere Standbeine. Sie erfordert aktive Teilnahme und Engagement von Vertretern der Regierung, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft.

Das Ziel ist, Informationen, Entscheidungen, Daten, Einkünfte und den Ausbeutungsstatus der Meeresresourcen einem breiten Publikum zugänglich zu machen, und zwar in allgemein verständlicher Form. Dies ist eine Waffe im Kampf gegen die Korruption, um Entscheidungsträgern auf allen Ebenen zu helfen, die adäquaten Vorgaben zur Erholung und Bewirtschaftung festzusetzen und generell das Management und und die Einhaltung der Gesetze zu verbessern. Dementsprechend wird erwartet, dass Transparenz zur Genesung der lebenden Meeresresourcen und ihrer Ökosysteme beitragen wird und sie ihre frühere Robustheit und Produktivität wiedererlangen. Das geht einher mit einer besser informierten Öffentlichkeit, die ihren Wert kennt und der es um nachhaltige Nutzung und Schutz des gemeinsamen Ozeanerbes geht.

Die Vorstellung nachhaltiger Fischereien ist weiterhin eine globale Herausforderung. Dieses vielschichtige Ziel mit seinen verschiedenen Ebenen haben sich Wissenschaftler, Politiker, Praktiker, Campaigner, Fischer und Verbraucher auf die Fahnen geschrieben. Der Mangel an Transparenz, schwache Governance und geringe Einhaltung der Gesetze - national und international - werden als die Hauptgründe dafür angesehen, dass die Fischbestände nicht nachhaltig bewirtschaftet werden.

Illegale, nicht registrierte und unregulierte Fischerei, Überfischung und die Marginalisierung der Kleinfischer, die immerhin die Hälfte der Weltproduktion gewährleisten, haben zu einem wachsenden internationalen Bewußtsein der Dringlichkeit vermehrter Transparenz im Fischereisektor geführt.

Eine Anzahl internationaler und nationaler Organisationen haben sich bereits in diesem Sinne eingesetzt. Beispiele sind die reformierten Fischereipartnerschaftsabkommen  (FPA)der europäischen Union, die auf Nachhaltigkeitsprinzipien fußen. FPAs gewährleisten öffentliche Nachvollziehbarkeit des Geschäftsgebahrens von Akteuren aus der EU. Die erste EU Webseite zur globalen Transparenz der Fischerei wurde am 29. Juli 2015 von der Environmental Justice Foundation (EJF), Oceana und WWF gemeinsam gestartet. Die Seite veröffentlicht Daten der europäischen Kommission und ermöglicht es den Benutzern den Schiffsnamen, den Flaggenstaat und das Jahr und den Typ des Fischereiabkommens unter der EU Vorschrift zur Genehmigung der Fischerei als Suchbegriffe einzusetzen.

 Der FAO Verhaltenskodex für verantwortliche Fischerei (1995) ist der Referenzrahmen, der in den letzten 20 Jahren weiter ausgefüllt worden ist. Er enthält Instrumente zum Eindämmen der illegalen, nicht registrierten und unregulierten Fischerei, zu Ökoetikettierung und Richtlinien für die Kleinfischerei. Die freiwilligen FAO Richtlinien für nachhaltige Kleinfischerei im Kontext der Ernährungssicherheit und der Eliminierung von Armut (FAO Voluntary Guidelines, Rom, 2015) bauen auf Transparenz als ein Grundprinzip, z.B. durch ‘klare Definition und Verbreitung von Politikvorgaben, Gesetzen und Prozeduren in relevanten Sprachen und breite Bekanntmachung von Entscheidungen in relevanten Sprachen und in für alle leicht zugänglichen Formaten'. Diese Richtlinien sehen weiterhin vor, dass 'sich Staaten für die Vorbeugung gegen Korruption einsetzen, besonders durch verstärkte Transparenz, dass sich Entscheidungsträger rechtfertigen müssen und sie dafür sorgen, dass unparteiisch Entscheidungen rasch und mit angemessener Beteiligung und Kommunikation mit Kleinfischergemeinschaften getroffen werden ’.

Allerdings sind öffentlich zugängliche Informationen oder Untersuchungen illegaler Finanztransaktionen in Verbindung mit Korruption und illegaler, nicht registrierter und unregulierter Fischerei sehr rar. Trotz der Anstrengungen der OECD und INTERPOLs in diesem Themekreis sind Initiativen gegen Korruption in der Fischerei eine Neuigkeit.

Die Idee zu einer Transparenz-Initiative für die Fischerei entstand in den letzten 10 Jahren, insbesondere als Ergebnis der Erfahrungen mit der Transparenz-Initiative in den extraktiven Industriezweigen (TIEI - Extractive Industries Transparency Initiative (EITI)).

TIEI ist als gemeinnütziger Verein unter norwegischem Recht etabliert. Die Initiative wurde 2002 vom britischen Premierminister Blair beim Weltgipfel zur nachhaltigen Entwicklung in Johannesburg lanciert. Die Organisation wurde 2003 gegründet und unter dem britischen Ministerium für internationale Entwicklung (DfID) betreut. Auf der 2. TIEI Konferenz in 2005, wurde eine internationale Beratergruppe unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Eigen eingerichtet, um die praktische Organisation von TIEI zu begleiten. TIEI definierte eine Norm – offen für Verbesserungen und Weiterentwicklung – um Transparenz bezüglich der Öl-, Gas- und Mineralstoffindustries der Länder herzustellen. Dieser Standard wird  von ein Rat verschiedener interessierter Parteien entwickelt und überwacht. Darin vertreten sind Regierung, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft sowie institutionelle Investoren und internationale Organisationen. Ein internationales Sekretariat und die Mitgliederversammlung unterstützen die Initiative. TIEI ist vom Internationalen Währungsfond und der Weltbank befürwortet. Heute wird der TIEI Standard in 48 Ländern angewandt (Wert: 1.6 Billionen US$ an Steueraufkommen für Regierungen von ausgewiesenen Öl, Gas und Mineralien). Von diesen respektieren 31 die TIEI Anforderungen, die auch von mehr als 95 institutionellen Investoren gut geheißen und von ca. 90 Firmen im Mineraliensektor unterstützt werden. Die Kritik an TIEI entzündet sich am Mangel an Sanktionen, der Tatsache, dass die Vertreter der Zivilgesellschaft praktisch kooptiert werden, einem Mangel an Glaubwürdigkeit (Mitgliedschaft Äthiopiens) und der Verletzung der Menschenrechte (Mitgliedschaft von Aserbaidschan).

Die Fischerei-Transparenz Initiative (FiTI) wurde als eigenständige Initiative vom Präsidenten der Islamischen Republik Mauretanien, Herrn Mohamed Ould Abdel Aziz, im Zusammenhang mit der Erklärung von Nouakchott am 20.  Januar 2015 angeregt. Im März 2015 unterschrieb der mauretanische Wirtschafts- und Entwicklungsminister (MAED) ein Memorandum of Understanding (MoU) mit der Humboldt Viadrina Governance Platform (HVGP) für Transparenz im Fischereisektor, vertreten durch Prof. Dr. Peter Eigen, einer der HVGP Gründer. Die HVGP ist eine non-profit GmbH in Berlin, Deutschland. Ihr übergeordnetes Ziel ist die Stärkung der Transparenz, der demokratischen Teilhabe der Bürger und Rechenschaftspflicht der wichtigsten Akteure. Das MoU beinhaltet eine konzeptuelle Definition der FiTI. Die HVGP schlägt eine rechtliche Trennung zwischen TIEI und FiTI vor. Während der Frühjahrstagung der Weltbank (16.04.2015) wurde die Zusammenarbeit zwischen der Regierung Mauretaniens und HVGP zur konzeptionellen Entwicklung eines globalen Rahmen für FiTI bestätigt. Sie zielt auf einen vertrauenswürdigen und international anerkannten FiTI Standard ab. Diese Aufgabe sollte in enger Zusammenarbeit mit der internationalen FiTI Beratergruppe und anderen relevanten Vertretern in der Konzpetualisierungsphase von 2015 bis 2016 gelöst werden. Der FiTI Standard sollte vor allem die Prinzipien und Vorbedingungen für Transparenz und Richtlinien für transparente Prozesse im Fischereisektor enthalten.

Diese erste Konzeptphase solte in die Umsetzung der FiTI in verschidenen interessierten Ländern einmünden. Die Beratergruppe steht dem Prozess zur Seite. Ein internationaler Vorstand verschiedener direkt beteiligter Parteien sollte ebenfalls benannt werden. Ein internationales Sekretariat soll die globale Initiative unterstützen.

Das erste Treffen der internationalen Beratergruppe der Fischereitransparenz-Initiative fand in Berlin, Deutschland, am 24. Juli 2015 statt. Dieses Meeting war von der Islamischen Republik Mauretania unterstützt.

Die Fischereitransparenz-Initiative sollte eine wichtige Rolle bei der Verbesserung des Fischereimanagement spielen und die Meeresresourcen als bedeutsame Quelle globaler Entwicklung und Ernährungssicherheit schützen. Drei Gruppen Beteiligter gestalten den partizipativen Process (Vertreter der Regierung, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft). Wie immer mit dergleichen Prozessen, die über den Rahmen der etablierten, durch demokratische Wahlen legitimierten Institutionen hinausgehen, muss die Rechtmäßigkeit der Teilnehmen durch die Qualität ihrer Arbeit gestützt sein, besonders im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern. Auf diese Weise kann ein derartiger partizipativer Viel-Teilnehmer Prozess zu robusten und breit akzeptierten Ansätzen führen.

Diese Initiative nutzt die Erfahrungen der Transparenz-Initiative in den extraktiven Industriezweigen (TIEI), trägt aber den Besonderheiten des Fischereisektors Rechnung. Im Gegensatz zu Mineralabbau beutet die Fischerei erneuerbare Resourcen. Mauretanien wurde 2005 Mitglied des globalen TIEI Prozesses und bekam 2012 bescheinigt, mit den TIEI Normen konform zu sein. Die nächste Konformitätsüberprüfung steht 2016 an.

Seit 2011 gibt es Interesse, die Fischerei in den nationalen mauretanischen TIEI Prozess aufzunehmen. Zwischen 2011 und 2013, organisierte und unterstützte die deutsche technische Kooperation den Dialog, die Vorbereitung von Bestandsanalysen und Seminare zur Etablierung einer Fischereitransparenz-Initiative in Mauretanien. Die EU startete eine nationale Dialoggruppe zur Transparenz in Vorbereitung des EU Fischerei Partnerschaftabkommens, die 2014/15 arbeitete. Im November 2011, lud die afrikanische Federation professioneller Kleinfischerorganisationen (African Confederation of Professional Artisanal Fisheries Organizations - CAOPA) – mauretanische Vertreter sind Mitglieder - zu einem regionalen Seminar zum Transparenz in afrikanischen Meeresfischereien ein. Drei Tage berieten die 60 Teilnehmer einer Vielzahl afrikanischer Organisationen über die Probleme durch mangelnde Transparenz im Fischereisektor und wie der öffentliche Zugang zu Informationen verbessert werden kann. Vertreter von Kleinfischern und Küstengemeinschaften waren auch dabei. Die folgenden Themen fanden besonderes Interesse: Fischereilizensen und Genehmigungen, Zugangsabkommen, Strafen und Bußgelder, Hilfsprojekte, Information zu den Beständen, Fangstatistiken und Handelsdaten.

Heute beobachten wir zwei, teilweise miteinander verbundene Entwicklungen. Erstens gibt es Anstrengungen, einen globalen Mechanismus zur Transparenz in der Fischerei zu entwickeln und praktisch zu etablieren. Er wird getrennt von der TIEI gehalten, spiegelt aber einen Teil ihrer Mechanismen und Prozesse. Die zweite Entwicklung findet im nationalen Rahmen statt. Mauretanien ist der Vorreiter für den Aufbau eines nationalen Systems. Die Entwickler hoffen, dass sich andere Länder zu teilweiser oder ganzer Übernahme angeregt fühlen.

Die Legitimität beider Prozesse hängt davon ab, ob wichtige Akteure in den jeweiligen sozialen Gruppen sich darauf einlassen. Eine geeignete Form der Teilnahme zB von chinesische und koreanischen Akteuren, aber auch der EU wird hier von besonderer Bedeutung sein, da Teile ihrer Fischereiflotten sowohl legal als auch zT illegal, nicht registriert und unreguliert operieren. Eine besondere Herausforderung wird es sein, Indikatoren zu bestimmen, die allgemein für nachhaltige Bewirtschaftung der marinen Resourcen und der Fischerei akzeptabel sind. Darüber hinaus sind etliche Maßnahmen überfällig, die in anderen Sektoren gängig sind. Dazu gehören die Bekanntgabe der Eigentümer und der finanziellen Transaktionen wie Bezahlungen und Einkommen. Indikatoren müssen u.a. die Transparenz solcher Finanzströme sicherstellen, aber auch adäquate und machbare Parameter dafür zu liefern, ob die Bewirtschaftung die Bestände regeniert und die Nutzung auf nachhaltigem Niveau stabilisiert.

Die größte Herausforderung wird die konkrete Umsetzung sein. Hier treffen formale und informale Mechanismen auf einander und Erfahrungen in anderen Sektoren sind sicher von besonderem Interesse. Eine globale FiTI könnte dabei ein notwendiger und nützlicher Mechanismus sein.

Die Vorteile eines nationalen FiTI Prozesses sind das starke öffentliche Interesse am Fischereisektor, Unterstützung beim Kampf gegen illegale, nicht registrierte und unregulierte Fischerei und Korruption. Dieses Interesse stärkt die Rechtmäßigkeit, die Einnahmen und das Wohlbefinden. Es ist auch für das Liefern von Informationen wichtig, die den Entscheidungsträgern die Bewirtschaftung verbessern helfen.

Ein erfolgreicher globaler FiTI Mechanismus wird gesetzlich vorgeschriebene Teilnahme aller Akteure am Fischereitransparenzprozess in den engagierten Ländern nach sich ziehen. Der Prozess sollte für alle offen sein und bleiben, die sich ernsthaft engagieren wollen. Andere Partner können also später hinzustoßen oder sonstwie dem guten Beispiel folgen. Die Gültigkeitserklärung nationaler Prozesse wird vom internationalen FiTI Sekretariat gewährt. Es wird erwartet, das sie die Rechtmäßigkeit stärkt und die Qualität der nationalen Prozesse in den teilnehmenden Ländern verbessern hilft. Die Verbindung mit internationalen Mechanismen könnte sich besondern in nationalen politischen Pattsituationen als hilfreich erweisen und breiter diversifizierte kollektive Lernmöglichkeiten eröffnen.

Die Webseite Transparent Sea offeriert auch viele interessante Informationen mit Schwerpunkt auf westafrikanische Fischereien.

Mundus maris regt an, Interesse an ausgeweiteter Zusammenarbeit in Sachen Transparenz im Fischereisektor zu zeigen, zB durch einen gemeinsame Facebook Seite oder einen anderen geeigneten Mechanismus. Wir hoffen, dadurch einen gemeinsamen Raum für breit angelegten Austausch von Erfahrungen und Perspektiven zu schaffen. Bitte Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! kontaktieren, wenn Sie Teil dieses Austausches sein oder anderweitig Fortschritte im Bereich Transparenz vorantreiben wollen.

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