Eine breite Palette von Forschungseinrichtungen unterstützte den von Denis Bailly und seinem Team der Ocean University Initiative in Brest organisierten Workshop. An zwei Tagen, dem 5. und 6. November 2019, diskutierten die Teilnehmer in Kleingruppen, was die sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung dazu beitragen kann, die größten Herausforderungen und Möglichkeiten zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu bewältigen. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Nachhaltigkeitsziel 14, Leben unter Wasser.

Das Ziel? Erstellung eines gemeinsamen Berichts für die Exekutivplanungsgruppe der UN-Dekade der Ozeanwissenschaften für nachhaltige Entwicklung (2021-2030). Dieser Beitrag wird auch in die Diskussion auf dem Global Planning Meeting im Juni 2020 einfließen, bevor die Generalversammlung der Vereinten Nationen im November 2020 den Umsetzungsplan für die Dekade verabschiedet.

Alle Sitzungen wurden durch drei Impulsvorträge eingeleitet, denen Gruppendiskussionen an Tischen mit bis zu acht Personen folgten. Junge Forscher fungierten als Berichterstatter. Sie gaben dem Plenum Zusammenfassungen der Gespräche. Alle Sitzungen wurden visuell dokumentiert.

Abbildung: Visuelle Dokumentation der ersten Sitzung "Sozialwissenschaften, Ozean und die Nachhaltigkeitsziele".

In den ersten Präsentationen wurde die Vernetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) hervorgehoben. Wes Flannery vom CIMAR in Belfast wies darauf hin, dass die Meeresraumplanung (MSP) im Prinzip von dieser wechselseitigen Abhãngigkeit inspiriert war. Er hatte jedoch festgestellt, dass die meist technokratischen Ansätze vieler Regierungen die erwartete Konfliktreduzierung nicht erbrachten, weil Vertreter großer und gut organisierter Interessengruppen dazu neigten, alle anderen zu übertönen.

Zu den Ergebnissen aus den Gesprächen der Kleingruppen, die dann mit allen im Plenum geteilt wurden, gehörten die folgenden Fragen, die in der künftigen Forschung für nachhaltige Meere eine herausragende Rolle spielen sollten: (a) Bemühungen zur Förderung von Aktivitäten mit möglichst geringen Auswirkungen, z.B. durch Betonung und Förderung von Technologien und Nutzungsweisen des Ozeans, die die Auswirkungen auf die Meeres- und Küstenökosysteme auf ein Mindestmaß beschränken; (b) Ermittlung der Bereiche, in denen die größte Hebelwirkung für positive Veränderungen erzielt werden kann, und Konzentration der Ressourcen und Anstrengungen auf diese Hebelpunkte; (c) Untersuchungen darüber, wie Kosten und Nutzen gerechter aufgeteilt werden können, um die Konsensbildung zu unterstützen; (d) partizipative Forschung, damit die Interessengruppen Zeit haben, zur Formulierung von Forschungsfragen beizutragen, sich mit dem Prozess der Generierung neuer Erkenntnisse vertraut machen und interagieren können, sodass der Prozess schneller zu Innovation führen kann. Auf diese Weise könnten die Versuchungen zu Dominanz der derzeit mächtigen Interessengruppen wahrscheinlich zumindest abgeschwächt werden, um Raum zu lassen, z.B. für Männer und Frauen in der Kleinfischerei.
 

Während der zweiten Sitzung plädierte Linwood Pendleton von der Ocean Decade Executive Planning Group nachdrücklich dafür, alle Forschungsvorschläge auf den Wert weiterer Datenerhebung und -interpretation für das nachhaltige Entwicklungsziel der Forschungsdekade zu fokussieren und Lückenbereiche zu priorisieren. Er wies auch darauf hin zu bedenken, dass die Forschung eine transformierende Rolle spielen und positiven politischen Wandel unterstützen sollte. Daher muss das Was und Wie des Wandels herausgestellt werden.

Das müsste auch über die derzeitige Praxis einiger Citizen Science Initiativen hinausgehen und auf die nächste Ebene gebracht werden. Dieser Beitrag passte sehr gut zu den bisherigen Diskussionen. Es wurde auch in den Fokus gerückt, wie Forschungsergebnisse auf eine Weise präsentiert werden können, die Entscheidungsträgern auf verschiedenen Ebenen die Verwendung erleichtert.

In der Einleitung zur dritten Sitzung erläuterte Carina Keskitalo von der EU-Gruppe der sieben wichtigsten Wissenschaftsberater der Europäischen Kommission, wie ein Teil der Interaktion zwischen Wissenschaft und Politik in der Praxis funktioniert: Entweder fragten die Mitglieder der Kommission bei den Wissenschaftsberatern nach Antworten, die diese durch Konsultation der Wissenschaftsakademien und anderer Experten produzierten, oder sie erstellten Benchmark-Studien zu wichtigen politischen Themen, wie zum Beispiel "Food from the Ocean" (Nahrung aus dem Meer).

Inter- und Transdisziplinarität zur Bewältigung vielschichtiger und oftmals komplexer Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung der Meeres- und Küstengebiete stand im Mittelpunkt der vierten Workshop-Sitzung. Dies wird seit einigen Jahrzehnten gefordert und es wird darüber geschrieben, ist aber nach wie vor schwierig zu praktizieren. Das hängt auch damit zusammen, dass die Natur- und Sozialwissenschaften in immer mehr Disziplinen unterteilt sind, die jeweils versuchen, ihr Kompetenzgebiet zu bestätigen. Aber die gegenseitige Beeinflussung und breitere Fragestellungen sind naturgemäß auf dem Vormarsch.

Iterative Ansätze, einige würden sagen, "Durchwursteln", gewinnen an Aktualität, um diese Komplexität zu bewältigen und das Risiko durch einmalige weitreichende Kraftakte zu minimieren.

Basierend auf Erfahrungen von Mundus maris und anderen wurde erkannt, dass die Sozialwissenschaften eine Rolle bei der Verkürzung der Zeit zwischen neuen Erkenntnissen aus der Forschung und ihrer Aufnahme in die Gesellschaft spielen müssen. Das Vorsorgeprinzip sollte viel mehr angewendet werden als es derzeit bei weit verbreiteten Hochrisikotechnologien der Fall ist. Der Bericht der Europäischen Umweltagentur zum Thema "Late lessons from early warnings: Science, precaution, innovation" (Späte Lehren aus Frühwarnungen: Wissenschaft, Vorsorge, Innovation) wird in diesem Zusammenhang warm empfohlen.

Der Rest des Workshops konzentrierte sich auf die Fragen, wie durch den Workshop-Bericht, die Teilnahme an regionalen Konsultationen und andere konstruktive Möglichkeiten, Beiträge zur Formulierung der Forschungsagenda der Dekade geleistet werden können. Auch die Intensivierung der Bemühungen um eine bessere Kenntnis der Ozeane, ein besseres Bewusstsein für das mit dem Ozean verbundene kulturelle Erbe und die Teilnahme am Überprüfungsmechanismus der UN-Dekade stießen auf Konsens.

Unser vielleicht wichtigster Beitrag bestand darin, für die Multiplikation experimenteller Arbeiten zu werben, um Alternativen in einem risikoarmen, kleineren Maßstab zu testen, um so in der Praxis positive Veränderungen zu ermöglichen. Ohne auszuprobieren, was funktionieren kann und was nicht, wird der Status quo von der Politik in der Regel beibehalten - mit allen negativen Auswirkungen, wenn weder die Klimaziele noch das SDG14 und die Agenda 2030 insgesamt erreicht werden. Das Erproben von Alternativen kann das Vertrauen in die Machbarkeit stärken oder weitere Anpassungen und eine größere Kreativität bei der Bewältigung der dringend benötigten Übergänge zu einem nachhaltigeren Leben mit dem Ozean ermöglichen.

Aufgrund der kurzen Planungszeit waren kaum Teilnehmer aus Asien, Afrika und Lateinamerika anwesend. Diese Schwäche wird hoffentlich bei den regionalen Vorbereitungskonferenzen ausgeglichen, die auch einen Beitrag zur Festlegung des Programms für die bereits festgelegten sechs großen Bereiche durch das erste UNESCO-Planungstreffen leisten (UNESCO Planning Meeting).

Text und Photos sind von CE Nauen, die für Mundus maris teilnahm.