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Sichtweisen von Kleinfischern - Männern und Frauen - im Senegal

Die ersten Erkundungen des Mare Nostrum (MN) Projekts von Mundus maris fanden vom 27. Mai bis 27. Juni 2010  in der Form von Feldarbeit von Carla Zickfeld, MN-Projektkoordinatorin, Stefan Karkow, Dokumentarist, Aliou Sall, Senegalesischer Koordinator und mehrerer Mitarbeiter, inkl. Oumar Sow und Ousmane Niang statt (Klicke auf den Namen, um das kurze Vorstellungsvideo zu sehen). Photos und Videos sind von S. Karkow.

Das Ziel dieser Phase des MN Projekts für 2011 ist es, eine solide Dokumentarbasis gemeinsam mit sozialen Akteuren im Kleinfischereisektor zusammenzustellen. Dadurch soll das wechselseitige Verständnis und Vertrauen gefördert werden. Die Fischer, die Frauen in der Fischverarbeitung und -vermarktung und viele andere, die im Fischereisektor aktiv sind und die soziale Organisation in den Küstengemeinden, die von der Fischerei leben, sind alle in den Übergangsprozessen von einem traditionellen Gemeinwesen mit seinen Praktiken und Wertvorstellungen zur raschen Modernisierung betroffen und verstrickt. Diese Modernisierung wird angetrieben von der Integration der ökonomischen Aktivitäten in den besonders im Fischereisektor globalisierten Wirtschaft.

Dies schafft viele Reibungen und wird durch die grassierende Überfischung weiter verschärft, die die Grundlagen des Lebensunterhalts der Leute in der Kleinfischerei beeinträchtigt. Die Erosion ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lebensgrundlagen kann gestoppt und umgekehrt werden. Es gibt eine Fülle von Erfahrungen in den Fischergemeinden und reichlich Möglichkeiten, Ideen von innen und außen zu verbinden, um an tragfähigen Umwandlungen zu arbeiten, die Verbesserungen schaffen können. Trotz der Tatsache, dass ein paar Menschen noch in einem Zustand der Leugnung leben mögen, wäre der Wiederaufbau der produktiven marinen Ökosysteme ein großer Vorteil für alle Beteiligten. Also, das Problem ist nicht so sehr, ob der Schutz der Ressourcenbasis gut wäre, sondern wie man es macht. Das geht auf eine Frage, wie die Kosten und die Vorteile verteilt werden, ein Muster, das in vielen Ressourcensektoren und Ländern gesehen wird. Es gibt wenig Vertrauen auch unter den verschiedenen Interessengruppen innerhalb des Fischereisektors und noch weniger im Augenblick gegenüber der Regierung. Das Vertrauen in die Regierung ist auf einem neuen Tiefpunkt zumal zusätzliche Lizenzen im Mai 2011 an ausländische Schiffe gewährt wurden, während die inländischen Betreiber vor großen Problemen stehen. Nun fürchten die Kleinfischer, sie würden in diesem zusätzlichen Wettkampf über bereits knappe Ressourcen weiter verlieren. Die anhaltenden Diskussionen in einer Reihe von Workshops mit internationalen öffentlichen Organisationen und NGOs, die in den letzten Wochen stattgefunden haben, zeigen wenig Effekte, nämlich dass endlich konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um die offene Krise zu bewältigen.

So fällt es auf die Akteure im Kleinfischereisektor zurück, die Frauen und die Vertreter ihrer Berufsorganisationen, um pragmatische Abhilfemaßnahmen und mehr Fairness und Transparenz in der Art und Weise zu fordern, in der der Sektor geführt wird. Sie taten das mit Protestmärschen in Dakar und mit frischen Auftritten im Europäischen Parlament in Brüssel und anderswo im Mai und Juni 2011. Sie bemühen sich, unerlaubte Privilegien von Investoren zu blockieren, ausländischen und inländischen, die mit wenig Rücksicht auf die langfristige Lebensfähigkeit der Operationen ihr Hauptanliegen der kurzfristigen Rendite ihrer Investition verfolgen. Für diese Gruppe 'Investoren' ist es heute ist das marine Ökosystem, aus dem man durch Fischen und Marketing Profite extrahieren kann, morgen kann es etwas anderes sein. Wenn die Ressource weg ist, suchen sie die nächste Quelle schneller Rendite und hinterlassen eine Spur der Zerstörung. Das haben wir bereits im Zusammenbruch einer Fischerei nach dem anderen im Nordatlantik und anderswo gesehen. Dann sind die lokalen Anwohner mit Geisterstädten übrig, wo es einst belebte Gemeinden gab, wie es in Lowestoft, Großbritannien, und anderswo der Fall ist. Es ist nicht zu spät, um zu handeln und ein ähnliches Schicksal für die Fischergemeinden im Senegal und anderen westafrikanischen Ländern zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund ist die Pilotarbeit des Mare Nostrum Projekts im Juni 2011 durchgeführt worden. Beginnend mit der Dokumentation der Erinnerungen und Verteidigungen der Frauen im Fischereisektor wird das MN-Team multimediale und pädagogische Unterlagen, darunter Bücher, einen Dokumentarfilm und später auch einen Kunstfilm produzieren, um die Wissensbasis zu stärken, die die soziale und politische Debatte und hoffentlich Informationen für die Entscheidungsmöglichkeiten für Politik und Handeln liefert.

Auf den folgenden Seiten werden daher Zusammenfassungen von Gesprächen mit Schlüsselgruppen von Fischern, Frauen im Fischereisektor, Schulen und anderen so faktentreu wie möglich dokumentiert und es wird mehr Material hinzugefügt, sobald es verfügbar ist. Es geht darum, den direkt betroffenen lokalen Akteuren eine größere Stimme zu geben, egal ob wir als Mundus maris mit allem übereinstimmen, was sie zu sagen haben oder nicht. Sie sind die Experten auf die Auswirkungen, da sie die negativen Auswirkungen vieler früherer Projekte erleben, deren Absichten im Laufe der Umsetzung manchmal in ihr Gegenteil verkehrt wurden.

Es ist an der Zeit, diese Lehren zu ziehen und praktische Alternativen zu entwickeln, die robuster sind als bisherige Versuche, weil sie auf einem breiteren Spektrum von Perspektiven der direkt Betroffenen aufbauen. Infolgedessen kann man hoffen, dass diese Alternativen auch mehr Unterstützung von den verschiedenen Gruppen erfahren, die direkt involviert oder anderweitig betroffenen sind. Am wichtigsten ist es, dass sie dadurch eine größere Chance haben, umgesetzt zu werden im Vergleich zu vielen früheren Versuchen, die von rein technischen Gutachtern angeführt wurden. Diese haben zwar eine technologische 'Lösung' vor Augen, aber meist keine Vorstellung der vielen unbeabsichtigten Konsequenzen im sozialen oder wirtschaftlichen Bereich. Diese technischen 'Lösungen' hatten somit nicht immer die geplanten positiven Auswirkungen.

Die Lehren, die wir daraus ziehen und die Perspektiven der Kleinfischer, die im folgenden vorgestellt werden, werden in Zukunft in einem anderen Rahmen als dem Mare Nostrum Projekt weiterverfolgt, denn das Projekt musste geschlossen werden.