In Zusammenarbeit mit der ULB-Coopération bot Aliou Sall von Mundus maris den Master-Studenten von Prof. Nathalie Gypens am 15. März 2018 einen freien Kurs an, in dem sie verschiedene Rollen aquatischer und landwirtschaftlicher Ökosysteme und deren nachhaltige Nutzung erforschen. Der Schwerpunkt lag auf der Abhängigkeit der hanndwerklichen Fischer von Ökosystemdienstleistungen für ihre Lebensgrundlage und die vielfältigen Herausforderungen, vor denen sie stehen.

Der Master-Studiengang ist offen für Studierende mit einer breiten Palette von vorherigen Studiengängen und zielt darauf ab, einen Überblick statt einer eingehenden Detailanalyse von spezifischen Ökosystemen oder Managementmodellen zu geben. Aliou Sall erinnerte daher anfangs zumindest kurz an den Ursprung der marinen Ökosystemforschung und die Bedeutung von Nahrungsketten oder Nahrungsnetzen im Meer und welche trophischen Ebenen es gibt.

Anschließend erklärte er einige Schlüsselmerkmale der beiden großen Meeresökosysteme in den nordwestafrikanischen Ländern, die im Rahmen der subregionalen Fischereikommission zusammenarbeiten: Mauretanien, Senegal, Gambia, Kap Verde, Guinea-Bissau, Guinea und Sierra Leone.

In Bezug auf die Dienstleistungen, die diese Ökosysteme zur Verfügung stellen, konzentrierte er sich in erster Linie auf die vielfältigen Dienste für Hunderttausende von Menschen rund um hardwerkliche (kommerzielle) Fischerei mit ihren vielen Arbeitsplätzen und Unternehmen und die Verbraucher von hoch geschätzten traditionellen geräucherten, getrockneten oder fermentierten Produkten, die in großen Gebieten der Sahelzone und im Hinterland weiter südlich vermarktet werden.

Pirogues kehren nach Guet Ndar, St. Louis, Senegal zurück nachdem sie ihren Fang angelandet haben (Photo A. Sall)Angesichts der harten Konkurrenz durch industrielle Flotten sehen die handwerklichen Fischer ihre Zukunft gefährdet, weil viele Industriebetriebe illegal arbeiten und ihre Fänge nie in der offiziellen Statistik der unterversorgten nationalen Dienste verzeichnet sind.

Unabhängige Untersuchungen schätzen, dass der Anteil der illegalen, nicht registrierten und unregulierten Fischerei fast halb so hoch ist wie der Gesamtfang. Der offiziell registrierte Teil der Fänge ist ungefähr gleichmässig zwischen kleinen und industriellen Fischern aufgeteilt.

Der übermäßige Fischereidruck hat zu gravierenden Veränderungen in der Ökosystemstruktur und -funktion geführt, da ehemals reichlich vorhandene Bodenfischarten mit hohem Wert teilweise kommerziell ausgestorben sind. Wirbellose Arten, die durch die Überfischung von Fischen vermehrt werden, werden jetzt selbst überfischt.

Die Fischarten, die der schweren Fischerei am besten widerstehen konnten, sind sogenannte kleine pelagische Arten wie Makrelen, Stöcker, Sardinen, Sardinellen und Bonga.

Diese hängen zum großen Teil von reichlich vorhandenem Auftrieb (sog. Upwelling) von nährstoffreichem Tiefenwasser ab, das die oberen Schichten des Ozeans befruchtet. Darin entwickeln sich saisonal große Schwärme dieser pelagischen Fischarten, wenn ihre Nahrung aus Mikroalgen und diese fressendes Zooplankton im Auftrieb reichlich vorhanden sind. Die Meereserwärmung beeinflusst die regionale Verteilung dieser kurzlebigen Arten und verstärkt die Veränderungen in der Zusammensetzung und Verfügbarkeit der Fänge. Das wiederum erhöht die Unsicherheit, unter der die Fischer operieren.

Fischverarbeitende Frauen in Guet Ndar, St Louis, Senegal (Photo A. Sall)Die Antwort der Kleinfischer ist die Steigerung des Fischereiaufwands und der Innovation: Auf der Seite des Fischfangs auf See haben die Boote meist größere Ausmaße erreicht und benötigen daher auch leistungsstärkere Außenbordmotoren. Die Zahl ist gestiegen und es wird mehr Vorsorge gegen Unfälle getroffen durch Sicherheitsausrüstung wie GPS, Schwimmwesten, Handys usw.

Auf der Landseite, insbesondere bei der Verarbeitung und Vermarktung von Fisch über traditionelle Kanäle in nationalen und regionalen Märkten, werden viele Aktivitäten von Frauen dominiert. Bei den exportorientierten Nachernteaktivitäten sind umgekehrt oft ausländische Industrieunternehmen dominant.

Die Frauen wiederum innovieren auch so gut sie können, indem sie verbesserte Räucheröfen verwenden, die weniger Brennholz verbrauchen, wenn sie sich die höheren Investitionen leisten können. Sie organisieren ihre Sparclubs, um Ausgaben aufgrund hoher Rohstoffpreise zu bestreiten, höhere Hygienestandards zu erfüllen und um besser abgesicherten Zugang zu umkämpften Flächen in der Küstenzone zu kämpfen, damit sie weiter ihre Geschäfte ausüben können.

In einem sich so dynamisch verändernden Umfeld versuchen die Regierungen, unterstützt durch ein regionales Weltbankprojekt (PRAO), nationale und subregionale Politiken zugunsten einer Einschränkung des Fischereiaufwands und einer Verringerung der Überfischung anzupassen. Leider haben diese Bemühungen nicht von ausreichender Forschung und Konsultation über bereits bestehende traditionelle Managementsysteme profitiert.

Die Einrichtung von lokalen handwerklichen Fischereiausschüssen, die gesetzlich anerkannt sind, z.B. von der Regierung in Senegal, aber nicht als legitim unter den Kleinfischern (Männern und Frauen) und ihren Anführern wahrgenommen werden, hat die Krise der Autorität verschärft, die die Umsetzung der politischen Reform behindert.

Die derzeitige Sackgasse des Verhältnisses zwischen Verwaltung und Kleinfischern, führt dazu, dass die handwerklichen Fischer den gesetzlichen und administrativen Regeln offen widersprechen, z.B. im Zusammenhang mit der Registrierung von Fischereifahrzeugen und Fischereilizenzen, während die illegale, größtenteils industrielle Fischerei die Struktur und das Funktionieren der gesamten Ökosysteme untergräbt. Wie kann man diesen potenziell explosiven Kontext entschärfen? Es wird sicherlich eine viel bessere Überwachung des illegalen Fischfangs großen Stils erfordern, der oft mit Korruption, Betrug und anderen kriminellen Praktiken einhergeht.

Es wäre sicherlich von Vorteil, öffentliche Institutionen wieder aufzubauen und das konservatorische traditionelle Management zu sanieren. Der Wiederaufbau des Vertrauens zwischen der Verwaltung und den Fischern und die Reaktion auf die Forderungen der Fischer, Forschungsergebnisse über das Funktionieren der Ökosysteme auszutauschen, sind weitere Schritte in diese Richtung

Mundus maris will diesen Zugang zu Forschungsergebnissen und die Vertrauensbildung in Form einer Akademie der Kleinfischerei anbieten. Dabei geht es weniger um ein Gebäude, als vielmehr um einen sicheren Raum für den Austausch. Alle Hilfe, um dies möglich zu machen, ist willkommen.

Die Folien für den Kurs sind hier abrufbar (in Französicch).

Weiterer Lesestoff.

Belhabib, D., Harper, S., Zeller, D., Pauly, D. (eds.), 2012. Marine fisheries catches in West Africa, 1950–2010. Fish.Centre Res.Rep., vol. 20.  and updates by country.

Bonfil, R., Munro, G., Sumaila, U.R., Valtysson, H., Wright, M., Pitcher, T., Preikshot, D., Haggan, N., Pauly, D., 1998. Impacts of distant water fleets: an ecological, economic and social assessment. WWF International 11–111.

European Commission, 2005. Rebuilding our marine ecosystems, protecting our future. Key findings of the International Symposium on Marine Fisheries, Ecosystems and Societies in West Africa – Half a century of change, Dakar, Senegal, 24-28 June 2002. Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities, 20p. ISBN 92-894-9166-3 Click here

Der Text und die Photos sind von Cornelia E Nauen falls nichts anderes vermerkt ist.