Der Kaminabend der deutschen St. Paulus Gemeinde in Brüssel ist eine beliebte Gelegenheit, in entspannter Atmosphäre einmal im Monat ein Thema weitreichender gesellschaftlicher Bedeutung zu besprechen.

Die Organisatoren hatten Cornelia E Nauen von Mundus maris eingeladen, am 24. September darüber zu sprechen, wie jeder einzelne dazu beitragen kann, dass die enorme Verschwendung von Lebensmitteln eingedämmt und zudem das Konsumverhalten Nachhaltigkeitsprinzipien angepasst werden kann. Die Ankündigung umriß bereits die Herausforderung:

In Europa kommen ca. 40% aller angebotenen Lebensmittel gar nicht zum Verzehr auf den Tisch, sondern werden vernichtet, nicht zuletzt wegen der Angabe eines empfohlenen Verzehrdatums, das oft als Verfallsdatum missverstanden wird. Auch der weit verbreitete Einsatz von Einmal-Plastiktüten beschert uns u.a. in der Form von Meeresverschmutzung zunehmende Probleme durch Bedrohung der Bestände vieler Meeresorganismen und der Verunreinigung der Nahrung aus dem Meer durch kleinste Plastikpartikel. Weiterhin kann nicht alles lokal produziert werden, doch was bedeutet das für die Verfügbarkeit von Lebensmitteln und die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Ursprungsregionen?

Wie bei allen wichtigen Fragen gibt es keine einfachen und immer eindeutigen Antworten. Aber welche Erfahrungen existieren bereits und welche erscheinen besonders vielversprechend? Dem wollten wir nachgehen und erarbeiten, worin umweltbewusstes Konsumverhalten in Bezug auf Lebensmittel besteht, und wie es jeder einzelne im Alltag umsetzen kann.

Um es vorweg zu sagen, weltweit werden genug Lebensmittel produziert, um bis zu 10 Milliarden Menschen zu ernähren. Die geschätzte Erdbevölkerung beträgt derzeit etwas mehr als 7 Milliarden. Es gibt also momentan kein absolutes Produktionsdefizit. Der erwartete Anstieg der Bevölkerung um mindestens weitere zwei Milliarden Menschen könnte daher durchaus ernährt werden.

Allerdings sagen die globalen absoluten Zahlen nichts über die konkrete Verteilung und die Nachhaltigkeit der Wirtschaftsweise aus. So sind, grob geschätzt, eine knappe Milliarde Menschen unterernährt, während etwas mehr als eine Milliarde anderer Menschen mit Fettleibigkeit zu tun haben.

Der Vortrag beleuchtete die Problematik von drei Gesichtspunkten aus, die unsere Einstellung und den Konsum von Lebensmitteln beeinflussen:

  • Rezepte
  • Gesundheits- und Diätempfehlungen
  • Empfehlungen, die Umweltgesichtspunkte berücksichtigen

Besonderes Augenmerk legte die Sprecherin auf die überwiegend menschengemachten Umweltveränderungen im Meer und insgesamt auf der Erde, die Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und -qualität haben und welche Alternativen es gibt.

Der sicher wichtigste Teil des Austausches befaßte sich mit den Möglichkeiten, individuell und kollektiv etwas zu tun. Etliche Teilnehmer berichteten von ihren eigenen Bemühungen. Den Fleischkonsum einzuschränken, insbesondere in Kombination mit mehr saisonalem Gemüse und Obst, ist fûr viele nicht nur ein guter Schritt zu einer gesünderen Ernährung, sondern auch ein Beitrag, u.a. den übermäßigen Wasserverbrauch der Agrarfleischindustrie wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Es war schnell klar, dass die meisten dieser Fragen außerdem eine klare politische Dimension besitzen und Bürger sich gezielt in demokratische Entscheidungsprozesse einbringen können. Vor allem gibt es Anlaß zu vorsichtigem Optimismus. Im Gegensatz zu den Horrorszenarien konventioneller Ökonomen, die den Zusammenbruch der Wirtschaft bei Nullwachstum voraussagen, zeigen praktische Aktionen auf verschiedenen Ebenen und die interessante Modellierung eines kanadischen Wissenschaftlers, dass Alternativen machbar sind. Organisiertes Handeln mit dem Ziel eines geordneten Übergangs zu nachhaltigen Produktionssystemen  und Konsum ist mit den Ressourcen der Erde vereinbar. Eine solche Umsteuerung kann sogar zu einer Steigerung des menschlichen Wohlbefindens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führen. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass in der Tat aktives Umsteuern erforderlich ist - ähnlich wie bei internationalen Umweltabkommen - weil Appelle an freiwillige Maßnahmen sich als wirkungslos erwiesen haben.

Die jetzigen Wirtschaftsweise als alternativelos darzustellen, zeugt also vor allem von mangelnder Fantasie und Durchsetzungskraft. Dabei haben Wissenschaftler gerade nachgerechnet, dass das Umpolen der momentanen Subventionen für fossile Brennstoffe in etwa dem geschätzen Investitionsbedarf  in zukunftsweisende erneuerbare Energien und andere nachhaltige Wirtschaftszweige entspricht. Ein solcher Umbau wird sogar die kritische Frage interessanter und ordentlich bezahlter Arbeitsplätze beantworten, die sonst gerne als routinemäße Drohung gegen jeden Versuch umweltverträglicher Umsteuerung benutzt wird. Wolkenkuckucksheim oder Zukunftsvision? Es liegt in unserer Hand.

Und für diejenigen, die jetzt sofort etwas tun wollen: keine Einweg-Plastiktüten annehmen. Nutzen Sie auch ein Fischlineal mit Mindestlängen kommerzieller Arten, um zu vermeiden, Fischbabies zu kaufen und zu konsumieren. Es gibt viele weitere Möglichkeiten, aktiv zu werden oder bestehende Initiativen auszubauen. Teilen Sie Ihre Erfahrung mit, damit auch andere davon lernen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Die PowerPoint-Präsentation kann hier eingesehen werden.